[1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

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Zofia
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[1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

Beitrag von Zofia »

Ich bin Voivoda…, gedachte Zofia der Worte der jungen Adligen, als die Kappadozianerin des Nachts über eben jenen Platz schlenderte, auf dem bald vor einem Jahr, das Kuriositätenkabinett stattgefunden hatte. Ein leichter Schauer floss über ihren Rücken, als sie sich der Präsenz erinnerte, welche sie nur wenig später als jene des Prinzen hatte kennenlernen dürfen.

Ich bin Voivoda…, grübelte Zofia, während sie abrupt stehen geblieben war. Dieses junge Mädchen von damals, sie hatte geknickst. War kleinlaut im Angesicht der Herrscherin der Nacht, dieser Domäne geworden.

Ich bin Voivoda…, zwang sich Zofia zu erinnern. Wie hatte sie sich noch genannt?! Hatte sie einen kainitischen Namen getragen, von welchem sie bereits von ihrem Erzeuger gehört hatte?!

Ich bin Voivoda…, nuschelte Zofia, während sie mit den Fingern schnipste.

Ich bin Voivoda…, zermarterte Zofia ihren Kopf.

Ma… Ru… Wa… An… Za… Da… Maran… Ruda… Rudaza…, versuchte Zofia sich zu erinnern.

„Ruwaza!“, stieß sie schließlich freudig aus, bevor sie inne hilft, dem Klang ihrer Worte nachlauschte und schließlich zögerlich den Kopf schüttelte. „Nein.“, meinte Zofia schließlich zu sich selbst, bevor sie weitergrübelte: „Das war es nicht.“ Die Kappadozianerin war einige Schritte weiter gegangen, sich an das Mäuseroulette erinnern, bevor sie schließlich ausrief: „Rudawa!“ Bestätigend nickte sie sich selbst zu, während sie murmelte: „Rudawa… Rudawa… Morana… Marena.. Mara… Marzanna… Marzanna… Marzanna!“ Zofias Stimme hatte sich bei dem letzten Namen erfreut erhöht, bevor sie sich innerlich selbst zunickte.

Einige Nächte später, hatte ein Bote eine schriftliche Nachricht auf gutem Pergament und mit tiefblauer Tinte gezeichnet, zu Marzanna von Rudawa überbracht. Eine formelle Bitte und Gesuch um ein Treffen am Ersten des kommenden Monats nach der Matutin außerhalb der Dominikanerkirche von Krakau. Die Absenderin habe gehört, die hochgeschätzte Herrin hätte vor gut einem Jahr ein Modell ihres Dorfes gewünscht von den Fahrenden. Sie wollte sich bei ihr respektvoll erkundigen, ob sie bekommen habe, was sie begehrte und so ja, ob sie noch Kontakt zu den Fahrenden pflege. Oder auch zu den Waräger. Unterzeichnet war das mit hellem Wachs ohne Emblem versiegelte Schreiben mit Zofia Nowak aus der Familie des Kappadozius.


Bild
((Stimmungsbild der Kirche))

So Marzanna der Einladung folgte, fand sie die Dominikanerkirche in jener Nacht zur Matutin offen vor und je nach Ankunftszeit waren von Innen bereits leise Gebete und Gesänge zu hören. Die Fassade der Kirche war schlicht gehalten und von einem Spitzbogenportal geprägt, welches mit Steinornamenten geschmückt war. In einem kleinen Dachreiter befand sich eine Glocke, während durch die schmalen, hoch aufragenden Spitzbogenfenster das Licht der Kerzen nach außen sichtbar war.

Im Inneren gab es ein großes Hauptschiff mit einer hölzernen Decke, sowie zwei niedrige Seitenschiffe, die mit dem Hauptschiff durch einfache Spitzbogenarkaden verbunden waren. Der Chorraum selbst war klein und der Altarraum schlicht. Ebenso wie die weiß getünchten Wände, die mit kleinen Malereien und Verzierungen verschönert worden waren.

So Marzanna eintrat, sah sie die Dominikanermönche, sowie eine einzelne Nonne weiter hinten im Hauptschiff, deren Kleidung jedoch jener der Benediktinerinnen entsprach und welche der Matutin beiwohnte. So nicht, sah sie eben jene Frau Ende Zwanzig mit leicht gesenktem Haupt und Blick, in einer Hand eine Leuchte mit einem Licht hinter dünngeschabten Häuten haltend, eben jenes Gebäude im Anschluss an die Matutin verlassend, sich dezent umblickend, nach Jemanden, den sie selbst vor einem Jahr, nur flüchtig wahrgenommen hatte.
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Marzanna
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Re: [1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

Beitrag von Marzanna »

Marzanna trat tatsächlich nicht ein in die heiligen Hallen. Die Heiligkeit des Ortes bereitete ihr körperliches Ungemach. Der fanatische Glaube und die Macht des brandneuen Dominikanerordens heiligte diesen Ort. Ein Stadtkloster! So etwas hätte in ihrer Zeit nie gegeben. Der Griff des Papstes selbst nach den unabhängigen Städten war spürbar.

Die "Hunde Gottes" wurden die fanatischen Bettelmönche genannt und waren im Prinzip die Inquisition. Sie predigten in Städten gegen Ketzer, Heiden und Juden und leiteten die Häretikerverfolgung.

Ein ungewöhnlicher Treffpunkt für Vampire, mitten im Herzen des Feindes. Diese Zofia musste furchtlos und mächtig sein, so frech im geweihten Kirchhof der Inquisition zu einem Plausch zu laden.

An der Schwelle, züchtig, das Haupt bedeckt und inkognito reisend gab sie einem der Mönche eine großzügige Spende. Anonym, aber man sah vor der Klostermauer Marzannas Gefolgschaft und das Rudawa-Banner. Kirchengrund und gar päpstlichen Bettelordengrund durfte keine weltliche Macht ohne Einladung betreten. Marzanna hatte diese Spende, scheinbar anonym in der Nacht, glaubwürdig von einer jungen Adligen überbracht, als Vorwand ersonnen, hier sein zu dürfen, ohne Fragen aufzuwerfen.

Sie betrachtete das Interieur dabei aufmerksam von draußen, so wie ein Krieger eine gegnerische Festung betrachtete, die er aber insgeheim bewunderte. Die Inquisitoren gaben ihrem Zimmermann ein prächtiges Haus!

Ihr fiel natürlich die Benediktinerin auf, die wie ein zweiköpfiger, bunt gescheckter Hund an diesem Ort wirkte. Eine Nonne der Benediktiner! In einer Kirche der asketischen Dominikaner! Wie bei den alten Göttern erklärte sie das den misstrauischen Hunden Gottes, wie ihrem eigenen Orden? Hatte sie so große Macht in der Kirche, dass niemand das hinterfragte? Stellte sie diese Macht deshalb offen zur Schau für sie, Marzanna?

Beeindruckend!

So erwartete Marzanna diese mächtige Zofia vor der Kirche, um scheinbar zufällig der dunklen Kirchenfürstin, die aus den Schatten herrschte, zu begegnen.
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Zofia
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Re: [1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

Beitrag von Zofia »

Zofia zog die schwere Kirchentür leise hinter sich zu, nachdem sie das Haus Gottes mit leicht gesenktem Haupt und Blick verlassen hatte. In ihrer linken Hand trug sie die schwach leuchtende Lampe vor sich her, welche ihre schlichte Kleidung in der Nacht gut erkennen ließ. Ein großes silbernes Kreuz hing an ihrem Rosenkranz, als einzige Form jedweden Schmucks. Bei jedem ihrer mit Bedacht gesetzten Schritten baumelte es leicht mit, bevor Zofia plötzlich innehielt, als sie sich der Gefolgschaft in der Ferne und dem Flattern des Banners gewahr wurde. Beherzt ging ihr Griff unmittelbar an das Kreuz an ihrer Seite, welches sie fest umklammert hielt. Aufgeschreckt blickte sie sich zugleich wachsam und vorsichtig um.
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Marzanna
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Re: [1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

Beitrag von Marzanna »

Ein silbernes Kreuz. Adlig oder reiches Bürgertum also. Und ein letzter Beweis, dass die mysteriöse Nonne nicht mit den Dominikanern und ihren betont besitzlosen Holzkreuzen assoziiert war.
Der Griff danach war Zeichen des Vertrauens in den Schutz durch den Christengott.

"Seid gegrüßt, ehrwürdige Schwester", sagte Marzanna, "schön, Euch zu treffen."

Die blasse und schlanke Gestalt der jugendlich wirkenden Adligen erschien aus den Schatten. Das Haar fiel offen auf die Schultern ohne Haube, in Zöpfen geflochten, ein Zeichen unverheirateter Maiden.
Sie trug ein elegantes Kleid in der körpernahen, figurbetonenden Damenmode mit hoher Taille in bunten Farben. Ein kostbarer Gliedergürtel mit Schlüsseln und Geldkatze daran und Haarreif und Ringe waren ein straker Kontrast zum schlichten Habit der scheinbaren Nonne.
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Zofia
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Re: [1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

Beitrag von Zofia »

„Zofia.“, sprach die Nonne nachdem sie den noch größer gewordenen Schreck über die aus dem Schatten tretende junge Adlige überwunden hatte. „Zofia Nowak.“, konkretisierte sie gedämpft, bevor sie ihren Griff um das Kreuz löste und eine bittende Geste beschrieb, doch alles weitere auf dem Weg oder zumindest weit abseits von unwissenden Ohren zu besprechen.

„Es freut mich, dass ihr Zeit für mich gefunden habt, hochgeschätzte Herrin.“, ergänzte sie, nachdem sie einige Schritte hinter sich gelassen hatten. Ihre Haltung spiegelte noch immer eine gewisse Vorsicht wider. „Ich war mir offen gestanden nicht sicher, ob eine doch recht ungewöhnliche Anfrage wie die meine, auf euer Gehör stoßen würde.“, meinte Zofia weiter.

Die Nonne hielt bewusst etwas Abstand von der Fahne und somit den Menschen die sich dort befanden, während sie unsicher an dem Kreuz an ihrer Seite nestelte. „Tatsächlich bin ich mir nicht einmal wirklich sicher, wie man ein solches Gespräch am besten beginnen sollte, weiß ich doch nicht mehr über euch, denn euren Rufnamen.“, stellte sie fast schon verlegen dabei wirkend fest.
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Marzanna
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Re: [1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

Beitrag von Marzanna »

"Oh, verzeiht, wie rüde von mir", sagte Marzanna lächelnd und knickste mit Händen an dem Rocksaum, wie es die adligen Damen taten.

"Marzanna, Kind von Razkoljna, Enkelkind von Jedrik, Urenkelkind von Triglav, Ururenkelkind von Tzimisce, Urururenkelkind von Ynosh, Ururururenkelkind von Cajin."

Das war eine seeeehr kurze Ahnenlinie für eine Vampirin und die Namen warfen Echos von Ruhm, Schrecken und Macht. Der Schatten uralter Drachen schien den Mantel der Nacht zu bilden bei diesen Worten.

"Und natürlich vermag keine Koldun der Drachen einer Einladung zu widerstehen. So eilte ich zu Euch, um zu erfahren, welche Worte Ihr an mich zu richten mögen würdet.
Mit wem hat der kleine Salamander zu tun, der erst noch die Chrysalis zum echten Drachen durchbrechen muss?"
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Zofia
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Re: [1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

Beitrag von Zofia »

Zofia wirkte sichtlich erleichtert, als sie den Namen Tzimisces in der Aufzählung hörte, bevor sie merklich zögerlicher wurde, schließlich aber sich vollständig vorstellte, nachdem sie sich sicher war, dass ihr Gegenüber das war, was sie bereits vermutet hatte. Dennoch sprach sie mit gesenkter Stimme, als hätte sie Angst, die Nacht könnte ihre Worte zu weit tragen: „Mein Name ist Zofia Nowak, Neugeborene vom Clan des Todes, Kind von Gregor von Tarnów, Geissel Tarnóws, Ancilla vom Clan des Todes.“

Hier endete jedoch ihre Vorstellung, konnte sie offenkundig keine solch beeindruckende und kurze Ahnenreihe aufweisen, wie Marzanna. Stattdessen gingen ihre Finger erneut gedankenverloren an die Perlen des Rosenkranzes, mit denen sie spielte. Mit gesenktem Kopf erklärte sie hörbar eingeschüchtert: „Schön euch kennen zu lernen.“ Ihre Worte wirkten aufrichtig, bevor sie zügig anfügte: „Danke, dass ihr einen Teil eurer kostbaren Zeit für mich entbehrt.“

Das leichte Spielen ihrer Finger an den Perlen wurde intensiver, während sie um einleitende Worte rang. „Es war sicher nicht meine Absicht euch damals zu belauschen.“, erklärte sie schließlich mit einem hörbaren Zögern, bevor sie meinte: „Aber ich vernahm, dass ihr euch ein Modell eures Dorfes wünschtet?“ Vorsichtig fragend ging ihr Blick auf Marzanna.
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Marzanna
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Re: [1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

Beitrag von Marzanna »

Marzanna winkte ab. "Ach, Unsinn, Zeit ist etwas, was wir zur Genüge haben. Mit einer Vertreterin der Kappadokier zu sprechen, ist immer ein erhellendes Ereignis. Die Freude ist ganz auf meiner Seite, wenn ich den Glücksfall sehe, eine andere Gelehrte kennenlernen zu dürfen.
Ihr müsst wissen, auch ich strebe nach Wissen.

Sagt, von welcher der illustren Blutlinien des Kappadokiers seid Ihr? Ich hörte, neuerdings seien gar Krämer aus Venedig in ihren Reihen aufgenommen. Ich dachte immer, das Ausmerzen durch Euren Allerersten sollte die Zahl der Linien überschaubar halten und doch holt er neue in die Familie.
Ein faszinierendes Rätsel. Hab Ihr die Lösung dafür? Was außer schnöden Mammon mag an Krämern für Eure Familie der Gelehrten interessant sein?"

Sie lächelte leise und strich über die Backsteine im Klosterformat, die die Außenmauern bildeten.
"Eure Kirchen bilden doch auch das Firmament und die Weltenordnung im Kleinen nach, die Euer Gott bewohnt. Die Form ist das Kreuz, an dem sein Sohn zu Tode gemartert wurde. Alles ist Symbolik und hat Macht.

So ähnlich verhält es sich auch mit dem Modell meines Lehens. Es soll mir im Kleinen mythische Resonanz mit dem Großen bringen. Ach, Künstler sind so schwierig und eigensinnig. Mein Vögelchen von der Familie der Gangrel ist scheu und flatterhaft. Wer weiß, wie lange sie brauchen wird und ob sie inspiriert genug ist?"

Sie schaute die Nonne an. "Sagt, welche Studien betreibt Ihr? Immer noch den Moment zu ergründen, an dem der Animus den Leib verlässt und zu einem Stück seelenlosen Fleisches macht? Wiegt Ihr die Toten noch, um das Gewicht der Seele zu ergründen? Oder schneidet Ihr die Leichen auf, um das Gekröse so zu verstehen, wie es ein Henker oder Schlachter tut?"
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Zofia
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Re: [1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

Beitrag von Zofia »

„Meine Forschung widmet sich der Umwandlung der Materie.“, erklärte die Kappadozianerin geradezu schlicht und bescheiden, ob der mannigfachen Fragen Marzannas, bevor sie freundlich bat: „Seht es mir aber bitte nach, dass ich euch hinsichtlich der Claninterna der Kappadozianer keine Auskunft geben kann, auch wenn ich euren Durst nach Wissen verstehen mag.“
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Marzanna
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Re: [1258] Adelshäuser und Kirchen [Marzanna, Zofia]

Beitrag von Marzanna »

"Ah, Ihr verwandelt Blei in Gold mithilfe der Alchemie. Ich vermag das nur mit Eisen, das ich zu Gold mache. Allerdings ohne Alchemie.
Sucht Ihr den Stein der Weisen? Habt Ihr da schon Erfolg gehabt?"

Sie nickte. "Selbstverständlich lasse ich der Familie des Kappadokiers seine Geheimnisse. Clan ... Ihr nutzt dieses Wort. Es ist von der Insel der Angelsachsen, nicht wahr? Zumindest sagte man mir, es sei eine neue Mode an den Höfen der Liebe im Frankenreich, die Blutlinien so zu nennen. Ihr seid weltgewandt und am Puls der Zeit. Sagt, gibt es für das Haus der Drachen auch schon solch einen modischen neuen Namen?"
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