Ich bin Voivoda…, grübelte Zofia, während sie abrupt stehen geblieben war. Dieses junge Mädchen von damals, sie hatte geknickst. War kleinlaut im Angesicht der Herrscherin der Nacht, dieser Domäne geworden.
Ich bin Voivoda…, zwang sich Zofia zu erinnern. Wie hatte sie sich noch genannt?! Hatte sie einen kainitischen Namen getragen, von welchem sie bereits von ihrem Erzeuger gehört hatte?!
Ich bin Voivoda…, nuschelte Zofia, während sie mit den Fingern schnipste.
Ich bin Voivoda…, zermarterte Zofia ihren Kopf.
Ma… Ru… Wa… An… Za… Da… Maran… Ruda… Rudaza…, versuchte Zofia sich zu erinnern.
„Ruwaza!“, stieß sie schließlich freudig aus, bevor sie inne hilft, dem Klang ihrer Worte nachlauschte und schließlich zögerlich den Kopf schüttelte. „Nein.“, meinte Zofia schließlich zu sich selbst, bevor sie weitergrübelte: „Das war es nicht.“ Die Kappadozianerin war einige Schritte weiter gegangen, sich an das Mäuseroulette erinnern, bevor sie schließlich ausrief: „Rudawa!“ Bestätigend nickte sie sich selbst zu, während sie murmelte: „Rudawa… Rudawa… Morana… Marena.. Mara… Marzanna… Marzanna… Marzanna!“ Zofias Stimme hatte sich bei dem letzten Namen erfreut erhöht, bevor sie sich innerlich selbst zunickte.
Einige Nächte später, hatte ein Bote eine schriftliche Nachricht auf gutem Pergament und mit tiefblauer Tinte gezeichnet, zu Marzanna von Rudawa überbracht. Eine formelle Bitte und Gesuch um ein Treffen am Ersten des kommenden Monats nach der Matutin außerhalb der Dominikanerkirche von Krakau. Die Absenderin habe gehört, die hochgeschätzte Herrin hätte vor gut einem Jahr ein Modell ihres Dorfes gewünscht von den Fahrenden. Sie wollte sich bei ihr respektvoll erkundigen, ob sie bekommen habe, was sie begehrte und so ja, ob sie noch Kontakt zu den Fahrenden pflege. Oder auch zu den Waräger. Unterzeichnet war das mit hellem Wachs ohne Emblem versiegelte Schreiben mit Zofia Nowak aus der Familie des Kappadozius.

((Stimmungsbild der Kirche))
So Marzanna der Einladung folgte, fand sie die Dominikanerkirche in jener Nacht zur Matutin offen vor und je nach Ankunftszeit waren von Innen bereits leise Gebete und Gesänge zu hören. Die Fassade der Kirche war schlicht gehalten und von einem Spitzbogenportal geprägt, welches mit Steinornamenten geschmückt war. In einem kleinen Dachreiter befand sich eine Glocke, während durch die schmalen, hoch aufragenden Spitzbogenfenster das Licht der Kerzen nach außen sichtbar war.
Im Inneren gab es ein großes Hauptschiff mit einer hölzernen Decke, sowie zwei niedrige Seitenschiffe, die mit dem Hauptschiff durch einfache Spitzbogenarkaden verbunden waren. Der Chorraum selbst war klein und der Altarraum schlicht. Ebenso wie die weiß getünchten Wände, die mit kleinen Malereien und Verzierungen verschönert worden waren.
So Marzanna eintrat, sah sie die Dominikanermönche, sowie eine einzelne Nonne weiter hinten im Hauptschiff, deren Kleidung jedoch jener der Benediktinerinnen entsprach und welche der Matutin beiwohnte. So nicht, sah sie eben jene Frau Ende Zwanzig mit leicht gesenktem Haupt und Blick, in einer Hand eine Leuchte mit einem Licht hinter dünngeschabten Häuten haltend, eben jenes Gebäude im Anschluss an die Matutin verlassend, sich dezent umblickend, nach Jemanden, den sie selbst vor einem Jahr, nur flüchtig wahrgenommen hatte.