Ein kurzes, trockenes Lachen kam von Matusz. Nicht spöttisch. Eher zustimmend.
Er sah Viktor an – direkt, aber nicht erdrückend.
„Ja. So kann man’s sagen.“
„Ein Tier allein überlebt.
Ein Rudel lebt.“
Er nickte leicht – mehr zu sich selbst als zu Viktor –
und trat einen Schritt zur Seite, um den anderen Raum zu geben.
Der Hagerere bewegte sich kaum. Nur seine Augen wanderten zu Viktor, dann langsam zu Agnellina, die sich nun wieder vorsichtig näherte.
Er beobachtete genau. Nicht wie ein Raubtier.
Wie jemand, der das Raubtier kennt.
Als Viktor die Frage stellte, hob er den Blick nicht sofort.
Er ließ einen Herzschlag verstreichen. Dann noch einen.
Wie ein Arzt, der einen Schnitt erst setzt, wenn der Puls richtig steht.
„Ich kann dir helfen.“
Seine Stimme blieb leise. Unaufgeregt.
Dann trat er einen halben Schritt vor, sah Viktor direkt an.
„Denn du hast ihn gefunden.“
Eine kleine, kaum sichtbare Bewegung der Hand – ein Nicken, ein Eingeständnis.
„Ich bin es. Bohdan.“
Ein kurzer Blick zu Matusz, der ruhig dastand. Offen.
Nicht überrascht. Nicht stolz. Nur... da.
Bohdan wandte sich Viktor zu.
„Dein Sire hat klug gewählt.
Es ist leichter, dem Tier zu folgen, als es zu zügeln.“
„Aber leichter ist nicht immer besser.“
Seine Augen veränderten sich. Nicht wärmer. Nicht kälter.
Nur... durchdringender.
„Du brauchst nicht viele Regeln.
Du brauchst eine, die du nicht vergisst:
Lass das Tier atmen – aber nie die Zügel los.“
Dann wandte er sich leicht zur Seite, nicht ganz von Viktor ab –
und sprach in den Raum hinein, ohne jemanden direkt anzusehen:
„Wir alle tragen es in uns.
Und wir alle tragen Verantwortung – füreinander.“
„Das ist Rudel.“
Er ließ diese Worte sacken.
Dann, fast beiläufig, aber nicht unachtsam, richtete sich sein Blick auf Agnellina.
Nicht drängend. Nicht wertend.
Ein Prüfender – nein: Ein Einschätzender.
Er sprach nicht sofort.
Denn Matusz übernahm.
Der Alte trat einen Schritt näher an beide heran.
Er war nun zwischen ihnen – zwischen den Jungen.
Nicht als Trennung. Als Verbindung.
„Ihr habt gesehen.
Und ihr habt gespürt.“
Sein Blick wanderte langsam von Viktor zu Agnellina.
„Jetzt seid ihr keine Fremden mehr.“
Ein stiller Moment.
Der Wald atmete.
Und das Rudel war nicht mehr nur eine Idee.
„Morgen... kommt ihr zu uns.
Wir sprechen weiter.
Und ihr entscheidet, ob ihr bleiben wollt.“
Matusz sah beide an – dann drehte er sich um und ging langsam zurück ins Dunkel.
Nicht als Flucht.
Als Zeichen: Die Prüfung war vorbei.
Bohdan blieb einen Moment länger.
Er nickte Agnellina leicht zu – ein Respekt, nicht Unterwerfung fordernd.
Dann ging auch er.
Der Wald schloss sich hinter ihnen.
Doch diesmal fühlte er sich nicht mehr so fremd an.