Re: [1259] Im jungen Maien [Einladungsspiel]
Verfasst: Do Jul 31, 2025 5:25 pm
Während in der Schenke das nächtliche Leben seinen gewohnten Gang nahm, kam ein Mann die Treppe hinunter, die zum Schlafbereich für Gäste im oberen Stockwerk führte. Nach wenigen Schritten hielt er an und wandte sich mit ausgestreckter Hand zurück. Eine Frauenhand ergriff die seine und nahm bedächtig die letzten Stufen hinunter in den Gastraum. Ihr Gang und der pralle Bauch verrieten sofort, dass sie ein Kind unter dem Herzen trug. Die beiden stiegen behutsam die Treppe hinab, während das Stimmengewirr um sie herum weiter den Raum erfüllte.
Als die beiden die Treppen endlich bewältigt hatten, nahm die Frau auf einem Schemel in der Ecke Platz. Ihr Gesicht war von der Anstrengung gerötet, doch ihre Augen strahlten eine sanfte Ruhe aus. Ihr entströmte ein besonderer Duft, der den Raum durchdrang. Es roch fast schon unangenehm nach geballter Lebenskraft. Sie ruhte im Sitzen und war ganz bei sich. Sie legte die Hände auf den stark gewölbten Bauch, den auch das weit geschnittene und lose geschnürte Kleid nicht zu kaschieren vermochte.
Ihr Begleiter, ein junger Mann von kräftiger Statur mit wettergegerbter Haut und sonnengebleichtem Blondhaar, war unterdessen zu Jakub, dem Wirt, getreten und hatte sich eine dort verwahrte Laute geben lassen. Er trug das Instrument zu ihr hinüber und gab es ihr in die Hände. Nach einem kurzen, leisen Zupfen, das kaum gegen den allgemeinen Lärm anzukommen vermochte, schien sie bereit. Die Frau schloß die Augen für einen Moment, atmete tief durch und nickte dann langsam, wobei sie noch einmal inne hielt. Sie atmete sehr konzentriert und gab ihm dann erneut das Zeichen. Mit einer anmutigen Bewegung hob sie die Laute, setzte die Finger an die Saiten und begann zu spielen.
Offenbar würde es heute eine Darbietung geben, die die Kaschemme von Lokal in ein anderes Licht tauchen sollte. Die Anwesenden, die sich bereits um Tische versammelt hatten, schauen neugierig auf das Paar. Allmählich ließ das Murmeln der Gespräche und das Klappern der Becher nach zu Gunsten neugieriger Ruhe nach.
„Guten Abend, werte Damen und Herren. Hochverehrte Edelleute und gütigste Anwesende geringeren Standes!“, erklang seine sonore Stimme. „An diesem schönen Abend soll euch die Gnade unserer Kunst zuteil werden. Horchet den Klängen, die mein treues Weibe Lenka zu eurem Entzücken ihrem Instrument entlockt. Derweil erzähle ich, Edek, zu Eurer Unterhaltung die Mär vom dankbaren Lindwurm, welche uns auf unseren Reisen begegnete.“
Während der Mann sprach, zeigte er eine grünbräunliche Marionette, die einen Lindwurm darstellt. Mit geschickter Hand bewegte er die Figur, die sich anmutig vor dem Publikum wand und die Zuhörer in ihren Bann zog.
Mit malerischen Worten nahm der Mann sein Publikum mit auf die Reise in fernen Wälder der südöstlichen Lande hinter den Bergen. Er sprach von Guido, einem Ritter und geschätzten Hofbeamten eines hochangesehenen Königs:
„Einst ritt er über das Land. Im Walde wurde er von der hereinbrechenden Dunkelheit überrascht. Dadurch bemerkte er eine Grube nicht. Er stürzte hinein und dies bereitete ihm starken Verdruss. In der Grube befand sich aber schon ein anderer. Es war ein Lindwurm, welcher am Tage da hineingefallen war. Dem Ritter Guido gelang es trotz aller kluger Anstrengungen nicht aus dieser Falle wieder heraus zu kommen. Der Lindwurm hatte sich erschreckt in eine Ecke zurück gezogen und der Ritter in eine andere. So verbrachten sie in tiefer Furcht voreinander die Nacht.
Als es nun Tag geworden war, da kam ein Bauer des Weges. Er wollte im Walde Holz holen und fuhr mit seinem Karren auf die Grube zu. Guido, der Ritter, bemerkte ihn und war sehr froh, dass sich ein Helfer zeigte. Er bat den Bauern, ihm aus der Grube herauszuhelfen. Er solle gewiss eine gute Belohnung dafür bekommen und er wolle für den Bauern auch beim König um Huld und Beistand bitten. Der Bauer aber sprach zu dem Hofmann: <<Edler Herr, ich kann keinen Augenblick länger von meinen armen Kindern wegbleiben, denn sie leiden großen Hunger. Wenn ich mit meinem Holz nicht bald zurück bin, so werden sie umkommen. Ich kann mich deshalb nicht aufhalten.>> Aber der in der Grube sprach: <<Das kannst du nicht machen! Befreie mich aus dieser Notlage und ich will es dir mit Golde lohnen. Auch der König wird es dir danken, dessen Verwalter ich bin. Wenn du mir hilfst, soll es dein Schaden nicht sein und damit hilfst du ja auch deinen armen Kindern.’>>
Der Bauer erhörte schließlich sein Flehen, stieg von seinem Karren hinunter und warf ein starkes Seil in die Grube hinab. Das nutzte der Lindwurm aus; er stürzte auf das Seil zu und wand sich an ihm aus der Grube heraus, froh, dass er dem Gefängnis entronnen war. Der Ritter bat nun den Bauern, aus ihm das Seil zuzuwerfen, damit er sich retten könne, und der tat das auch. Als der Hofbeamte befreit war, sprach er: <<Du hast mir einen großen Dienst erwiesen. Komm morgen zum Hofe, da will ich dir dafür meinen Dank abstatten.>> Und damit trennten sie sich.“
Edek, der das Kunststück vollbrachte, während seiner Erzählung sowohl den Hofbeamten Guido als auch den Bauern zu mimen, bewegte die Marionette, interagierte mit dem Publikum und warf hin und wieder einen verstohlenen Blick zu seiner Frau. Diese untermalte die Erzählung mit den passenden Klängen aus der Laute. Das erste leise Zupfen klang wie ein Flüstern, kaum wahrnehmbar, doch bald breiteten sich die Töne aus und füllten den Raum mit warmem, tiefem Klang. Die Musik füllte die Geschichte an und kleidete sie in ein Gewand aus Gefühlen. Hin und wieder wandte Lenka den Blick von Publikum und Szenerie ab und verzog während des Spiels ein paar Mal stark das Gesicht. An einigen Stellen sorgten ihre Verspieler für Misstöne, die ihr Mann mit lauteren Worten und heftigerer Darstellung zu übertünchen versuchte.
„Nun könnte hier die Geschichte ein gutes Ende nehmen. Doch passt auf, wie es weitergeht. Am Tag darauf ging der Bauer zum Königshof in der Hoffnung, von dem Ritter Guido empfangen zu werden. Er fragte nach ihm, und schließlich bat er einen da bei Hofe, er möge zum Verwalter des Königs gehen und ihm seine Ankunft melden. Er sei derjenige, der ihm aus seiner Notlage geholfen habe, als er in die Grube gestürzt war.“, setzte Edek das Schauspiel fort und dominierte die Darstellung.
Als die beiden die Treppen endlich bewältigt hatten, nahm die Frau auf einem Schemel in der Ecke Platz. Ihr Gesicht war von der Anstrengung gerötet, doch ihre Augen strahlten eine sanfte Ruhe aus. Ihr entströmte ein besonderer Duft, der den Raum durchdrang. Es roch fast schon unangenehm nach geballter Lebenskraft. Sie ruhte im Sitzen und war ganz bei sich. Sie legte die Hände auf den stark gewölbten Bauch, den auch das weit geschnittene und lose geschnürte Kleid nicht zu kaschieren vermochte.
Ihr Begleiter, ein junger Mann von kräftiger Statur mit wettergegerbter Haut und sonnengebleichtem Blondhaar, war unterdessen zu Jakub, dem Wirt, getreten und hatte sich eine dort verwahrte Laute geben lassen. Er trug das Instrument zu ihr hinüber und gab es ihr in die Hände. Nach einem kurzen, leisen Zupfen, das kaum gegen den allgemeinen Lärm anzukommen vermochte, schien sie bereit. Die Frau schloß die Augen für einen Moment, atmete tief durch und nickte dann langsam, wobei sie noch einmal inne hielt. Sie atmete sehr konzentriert und gab ihm dann erneut das Zeichen. Mit einer anmutigen Bewegung hob sie die Laute, setzte die Finger an die Saiten und begann zu spielen.
Offenbar würde es heute eine Darbietung geben, die die Kaschemme von Lokal in ein anderes Licht tauchen sollte. Die Anwesenden, die sich bereits um Tische versammelt hatten, schauen neugierig auf das Paar. Allmählich ließ das Murmeln der Gespräche und das Klappern der Becher nach zu Gunsten neugieriger Ruhe nach.
„Guten Abend, werte Damen und Herren. Hochverehrte Edelleute und gütigste Anwesende geringeren Standes!“, erklang seine sonore Stimme. „An diesem schönen Abend soll euch die Gnade unserer Kunst zuteil werden. Horchet den Klängen, die mein treues Weibe Lenka zu eurem Entzücken ihrem Instrument entlockt. Derweil erzähle ich, Edek, zu Eurer Unterhaltung die Mär vom dankbaren Lindwurm, welche uns auf unseren Reisen begegnete.“
Während der Mann sprach, zeigte er eine grünbräunliche Marionette, die einen Lindwurm darstellt. Mit geschickter Hand bewegte er die Figur, die sich anmutig vor dem Publikum wand und die Zuhörer in ihren Bann zog.
Mit malerischen Worten nahm der Mann sein Publikum mit auf die Reise in fernen Wälder der südöstlichen Lande hinter den Bergen. Er sprach von Guido, einem Ritter und geschätzten Hofbeamten eines hochangesehenen Königs:
„Einst ritt er über das Land. Im Walde wurde er von der hereinbrechenden Dunkelheit überrascht. Dadurch bemerkte er eine Grube nicht. Er stürzte hinein und dies bereitete ihm starken Verdruss. In der Grube befand sich aber schon ein anderer. Es war ein Lindwurm, welcher am Tage da hineingefallen war. Dem Ritter Guido gelang es trotz aller kluger Anstrengungen nicht aus dieser Falle wieder heraus zu kommen. Der Lindwurm hatte sich erschreckt in eine Ecke zurück gezogen und der Ritter in eine andere. So verbrachten sie in tiefer Furcht voreinander die Nacht.
Als es nun Tag geworden war, da kam ein Bauer des Weges. Er wollte im Walde Holz holen und fuhr mit seinem Karren auf die Grube zu. Guido, der Ritter, bemerkte ihn und war sehr froh, dass sich ein Helfer zeigte. Er bat den Bauern, ihm aus der Grube herauszuhelfen. Er solle gewiss eine gute Belohnung dafür bekommen und er wolle für den Bauern auch beim König um Huld und Beistand bitten. Der Bauer aber sprach zu dem Hofmann: <<Edler Herr, ich kann keinen Augenblick länger von meinen armen Kindern wegbleiben, denn sie leiden großen Hunger. Wenn ich mit meinem Holz nicht bald zurück bin, so werden sie umkommen. Ich kann mich deshalb nicht aufhalten.>> Aber der in der Grube sprach: <<Das kannst du nicht machen! Befreie mich aus dieser Notlage und ich will es dir mit Golde lohnen. Auch der König wird es dir danken, dessen Verwalter ich bin. Wenn du mir hilfst, soll es dein Schaden nicht sein und damit hilfst du ja auch deinen armen Kindern.’>>
Der Bauer erhörte schließlich sein Flehen, stieg von seinem Karren hinunter und warf ein starkes Seil in die Grube hinab. Das nutzte der Lindwurm aus; er stürzte auf das Seil zu und wand sich an ihm aus der Grube heraus, froh, dass er dem Gefängnis entronnen war. Der Ritter bat nun den Bauern, aus ihm das Seil zuzuwerfen, damit er sich retten könne, und der tat das auch. Als der Hofbeamte befreit war, sprach er: <<Du hast mir einen großen Dienst erwiesen. Komm morgen zum Hofe, da will ich dir dafür meinen Dank abstatten.>> Und damit trennten sie sich.“
Edek, der das Kunststück vollbrachte, während seiner Erzählung sowohl den Hofbeamten Guido als auch den Bauern zu mimen, bewegte die Marionette, interagierte mit dem Publikum und warf hin und wieder einen verstohlenen Blick zu seiner Frau. Diese untermalte die Erzählung mit den passenden Klängen aus der Laute. Das erste leise Zupfen klang wie ein Flüstern, kaum wahrnehmbar, doch bald breiteten sich die Töne aus und füllten den Raum mit warmem, tiefem Klang. Die Musik füllte die Geschichte an und kleidete sie in ein Gewand aus Gefühlen. Hin und wieder wandte Lenka den Blick von Publikum und Szenerie ab und verzog während des Spiels ein paar Mal stark das Gesicht. An einigen Stellen sorgten ihre Verspieler für Misstöne, die ihr Mann mit lauteren Worten und heftigerer Darstellung zu übertünchen versuchte.
„Nun könnte hier die Geschichte ein gutes Ende nehmen. Doch passt auf, wie es weitergeht. Am Tag darauf ging der Bauer zum Königshof in der Hoffnung, von dem Ritter Guido empfangen zu werden. Er fragte nach ihm, und schließlich bat er einen da bei Hofe, er möge zum Verwalter des Königs gehen und ihm seine Ankunft melden. Er sei derjenige, der ihm aus seiner Notlage geholfen habe, als er in die Grube gestürzt war.“, setzte Edek das Schauspiel fort und dominierte die Darstellung.