[1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

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Agnellina
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[1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

Die Grenzen des Dorfes, die Schutz vor Unbill bei Tag und Nacht boten, stellten kein wirkliches Hindernis für Ennoias Abkömmling dar. Geübt und mit der Dunkelheit und den Schatten der Nacht im Einklang trugen ihre Füße sie bis zur Trutzburg.
Die Nacht lag seit wenigen Stunden über der Gegend. Nicht lang genug, um den Weg aus der Hauptstadt hinter sich gebracht zu haben. Lang genug für eine kräftigende Mahlzeit in der näheren Gegend. Lang genug - und dies war zu sehen - sich die Kleidung zu richten und die dunklen Haare säuberlich unter ein Kopftuch zu flechten.

So trat sie vor die Wache am Tor. Einen derben Sack mit einem unförmigen, kopfgroßen Inhalt trug sie an die Seite gebunden.
„Guten Abend. Ich bitte um Einlass. Ich möchte gern bei der verehrten Księżniczka vorsprechen. Bitte meldet, dass Jagna untertänigst um Empfang bittet.“
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Marzanna
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Die Wache verschwand und kehrte nach einer Weile wieder.
Marzanna selbst kam und ließ Jagna ein. Sie war in Gewänder gehüllt, die nicht dem modischen Zeitgeist folgten, was bei ihr üblich war.
Die Gewandung war bunt bestickt und wirkte archaisch in den Mustern. Ebenso der Schmuck, den sie trug. Kleine Goldspiralen in den Zöpfen waren heutzutage nicht mehr üblich und eher den vergangenen Zeiten der Stämme zuzuordnen.

"Ah, sei mir willkommen in meinem Haus!", begrüßte sie den Gast und führte ihn in den Saal, den sie ja schon kannte. Es war wenig Hofstaat und Prunk aufgefahren und nur Wachen in Rufweite zeigten sich von den sterblichen Bewohnern der Burg.
Die Vampire waren unter sich.
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Agnellina
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

Vor der wiederkehrenden Wache knickste Jagna bereits gefällig vor der Adligen. Sie lächelte mit einer Aufregung im Gesicht, die nach wie vor durch die imposante Gestaltung der Burganlage verstärkt wurde. Leisen Schrittes folgte sie der Führung.

„Księżniczka.“, fand sie ihre Stimme im Saal wieder und knickste noch einmal ergeben in Benimm und Stellungen vor der Adligen. „Ich danke für Eure warmen Worten und den herzlichen Empfang. Ich hoffe, Euch ist es wohl ergangen.“
Ihre braunen Augen suchten nach einem Zeichen, sich erheben zu dürfen. Blieb es aus, richtete sie sich zögernd auf.
Dann sah sie sich kurz um und eine lockernde Bewegung ging durch ihren Rücken und die Schultern.
„Ihr und die Euren befinden sich wohl?“
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Marzanna
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Marzanna machte lächelnd die Geste, dass sie sich erheben konnte.

"Oh, Danke der Nachfrage. Eine Kebse meines Nachfahren lag letzte Woche schwer in den Wehen. Aber sie hielt durch bis zur Abenddämmerung, sodass ich mich darum kümmern konnte. Das Kind lag falsch, aber meine Blutkräfte sind wie geschaffen, so etwas zu einem milden Ausgang zu bringen.
Ein Wildfang von einer Nachfahrin hat sich mit den Jungen gebalgt und sie mit dem Übungsschwert verdroschen. Ich musste einige Knochen richten. Vielleicht mache ich sie zu einem Jungen, wenn sie das wünscht. So viel Feuer ist eigentlich verschwendet für Herd und Kindbett."

Marzanna lächelte verträumt. Offenbar lag ihr viel an ihrer Familie, die wohl nicht nur eine Fassade eines Vampirs war.
"Und selbst? Habt sie sich gut eingelebt in der Gegend?"
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Agnellina
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

War es anfangs wohl eine reine Höflichkeitsfrage, so lauschte sie der Antwort mit zunehmendem Interesse und unverhülltem Staunen. Mit in Denkfalten gezogener Stirn betrachtete sie ihre eigenen Finger und versuchte zu ergründen, was Marzanna mit Blutkräften, die eine Geburt erleichtern konnten, wohl meinte. Sicher, eine Geburt und die damit verbundenen Vorgänge waren Agnellina nicht fremd. Auch wusste sie, dass es mannigfaltige Schwierigkeiten dabei geben konnte. Elend war es, wenn das Balg den Weg hinaus nicht fand - sei es bei Mensch oder Tier. Doch die Zauberkraft im Blute, welche die Zähne wachsen ließ und das Fleisch kalt und gierig machte?
Es war im Gesicht deutlich, dass sie noch keine Vorstellung gewonnen hatte, wie das nützlich sein könnte.
Mit ein wenig durch das scharfe Nachdenken eingeengte Augen folgte sie Marzannas Ausführungen. Agnellina hielt ihre Zunge im Zaum. Sicher hatte sie das weit gewehte Wispern von dieser Kunst gehört, doch kaum über Wispern und schwer zu glaubende Schauergeschichten hinaus.

"Das Land und und seine Herren sind gut zu mir. Es ist ein wunderbares Land, voller Schönheit und gerechter Güte. Ich mag das rauschende Murmeln, mit welchem Wisła das Land beherrscht. So kraftvoll und sanftmütig zugleich."

Sie zögerte kurz, legte die Hand auf den Sack an ihrer Seite.

"Ich möchte Euch die erste vereinbarte Gabe zur Prüfung bringen, Księżniczka. Mit gewiss einem herzlichen Gruß von Wisła selbst, die lang das Holz dazu gewaschen und poliert hat. Zumindest einen Teil davon."

Die Gangrel nahm den umgehängten Sack ab, legte ihn der Tzimisce vor die Füße und trat zurück.

"Gemäß Eurer Wünsche sollte sich etwas vom dazugehörigen Ort im Werkstück finden. Das Holz des Bodens war einst ein kleiner Teil des Rades. Die Jahre der Arbeit haben es geformt und beansprucht. Letztlich war ein Austausch notwendig. Es wurde erneuert und der restliche Teil der alten Schaufel trocknete gerade den Schweiß seiner langen Arbeit fort, um sich zuletzt als Feuerholz im Winter einzubringen. Nun bildet es stattdessen den Boden Eures Spielzeuges und soll Euch erfreuen."
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Marzanna
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Als die Gangrel das Land pries, konnte Marzanna die Maske ihrer distanzierten Freundlichkeit nicht aufrecht erhalten und für einige Momente strahlte sie in echter Freude über das Lob und wirkte wie der jugendliche Backfisch, der einst aus dem Leben gerissen worden war, um eine Fürstin der Finsternis zu werden.

Und ein zweites Mal staunte sie wie ein Kind, dass ein Geschenk bekommt, als ihr das Modell erklärt wurde. "Ja, genau! So habe ich es mir vorgestellt! Ich fühle die Verbindung zu der Mühle und höre ihr Klappern und das Rauschen des Mühlbachs!"

Es war echte Dankbarkeit im schönen Gesicht der Vampirin zu sehen, als sie die Gangrel ein weiteres Mal anstrahlte.
"Nimm als kleines Zeichen meiner Dankbarkeit diese Plakette hier. Sie zeigt den Wildhütern, dass du im Namen des Domherrn ungestraft sein Wild in meiner Domäne jagen darfst."
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Agnellina
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

Der Sack enthielt ein geschnitztes und zusammengestecktes Spielzeug, welches eine Wassermühle darstellte, wie es sie gar nicht fern von der Trutzburg an der Rudawa gab.

Wassermuehle.jpeg
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Agnellina betrachtete die Plakette in ihrer Hand. Es war erkennbar, dass sich ihr schnell eröffnete, welcher Schatz ihr damit gegeben wurde. Jagdrecht war ein Herrengut. Für ihre Schlingen und Fallen und ihre Hatz nach Wild eine Erlaubnis aus der sterblichen Welt in die Hände zu bekommen, was ein wertvolles Gut. Es eröffnete ihr weitreichende Gelegenheiten. Agnellina sah ihre Möglichkeiten in ihrer potentiellen Zukunft. Ohne Schwierigkeiten mit der Stille könnte sie größeren Tieren nachstellen, sich mit Pfeil und Bogen üben und ihren Hunger an den prachtvollen Geschöpfen stillen. Das Fleisch dieser Tiere würde ganz gebotmäßig und vielleicht sogar für die ein oder andere Münze im Napf eines Sterblichen landen und müsste nicht allein nach Wölfen, Füchsen und wilden Schweinen den Würmen und Ratten stille und heimliche Nahrung sein. Welche Freiheit solch ein kleines Ding versprach. Agnellina schloss die Plakette fest in ihre Hand.

"Księżniczka, kommt bitte mit mir hinaus. Ihr wolltet einen Ritter wählen, vielleicht auch einen tüchtigen Müller. Sicher finden wir in so prachtvollen Räumen keine hierfür passenden Bewerber um Eure Gunst. Sie würden nicht wagen, Euch hier ihre Aufwartung zu machen und ihr Wispern ertönen lassen."
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Marzanna
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Marzanna lachte hell. "Wenn du das so wünscht, können wir es so tun. Aber niemand hier würde mir den Blutzehnt verweigern, sondern es als großen Segen annehmen, dass von ihm getrunken wird.

Aber ich erbitte mir aus, dass niemand auf den Tod oder die Bettlägerigkeit das Blut entnommen wird. Manche würden kämpfen um diese Gunst.
Suche dir selbst die Besten aus und wir wollen ein Abendmahl halten und dem Czorneboh durch Ausgelassenheit huldigen.

Wie man an meiner Kleidung vielleicht erkennen mag, war ich ohnehin im Begriff einen Ritus in einem nahen Hain abzuhalten."
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Agnellina
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina schaute irritiert und aus dem Konzept gebracht.
"Das habe ich nicht gewünscht.", stellte sie fest.

Ihre Augen wanderten über die angesprochene Kleidung von Marzanna und auch die geschmückten Zöpfe.
"Ein Ritus? Ich will Euch nicht stören oder von Euren Werken abhalten. Wer ist Czorneboh?"

Sie kratzte sich verlegen am Kopf. "Wollt Ihr Eure Stadt erst wachsen lassen, bevor Ihr sie mit einer Maus bevölkert? Ich hatte im Sinn, dass wir in Eurer Stallung oder in den Kellerräumen schauen, ob wir ein Mäusenest finden. Oder ist das Wispern und Fiepen für Eure Ohren inzwischen besser zu verstehen?"
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Marzanna
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

"Ein Ritus eben für die Götter wie Czorneboh. Er ist der schwarze Gott des Schicksals und mit den Bergen und der Erde verbunden, wie Liczyrzepa in Sieben Burgen. Wir sperren unsere Götter nicht in Häuser, sondern verehren sie an Orten der Natur, wo ihre Macht stark ist.
Du erkennst solche heiligen Orte an hölzernen Stelen, die mit mehrgesichtigen Köpfen verziert sind und findest sie an Quellen und Hainen und alten Hügeln, die in die Unterwelt führen.

In den Riten verkörpere ich die Nachtgöttin Čornybóh-Pya für das Volk. Eine Rolle, die mir steht, wie alle finden.
Hier in Karks Landen zeigt Czorneboh eher sein weiße Gesicht des Kalkes Bieleboh."

Nach diese bedeutungsvollen Worten, gesprochen in getragener Würde, kam jugendliche Begeisterung in das Antlitz der untoten Maid.
"Ja! lass uns nach so einem Nest suchen und ich will zuhören, wie du mit den Mäusen redest und es auch lernen!"
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