[1259] Der Geier und die Prinzessin [Bogdan, Marzanna]

[Bogdan]

Der alte Bogdan nickte.

„Ich werde es zumindestens versuchen“, antwortete er nachdenklich.

„Er hat sich mir offenbart.
Ich nehme an, dass er selber wählt mit wem er spricht.
Aber ich werde ihn darum bitten, wenn ich ihn das nächste Mal treffe.“

Wieder stand ein bisschen Schalk in seinem Gesicht.

„Wenn ich ihn richtig einschätze, wird er kaum widerstehen können,
wenn er die Gelegenheit bekommt, mit dem Kind des Drachen vom Wawel zu sprechen.“

Er lächelte.

„Gibt es neben der höchst verehrten Prinzessin und dem verehrten Seneschall, noch andere Kainskinder die bereits vor dem Sturm, in Karkau anwesend waren?“

Seine Handflächen öffneten sich ein wenig.

„Ich war damals noch sterblich oder ein Kind.
Meine Kontakte aus der damaligen Zeit sind begrenzt.“

[Marzanna]

Marzanna überlegte.
"Da waren Yitzhak ben Avraham, Ancilla der Gelehrten, Kind von Natasia, Ahn der Gelehrten.
Bohdan, Ancilla der Gangrel,
Das Flüstern der Weichsel, Ahn der Nesiferitu.
Gregor von Tarnow, Ancilla der Kappadozianer."

[Bogdan]

Die Augen des Väterchens weiteten sich, als die Księżniczka diese Namen aufzählte.

„Was wenn es sich herausstellt, das der Verborgene, eben jener Ahn ist.“

Ihm blieb der längst nicht mehr notwendige Atem stehen.

„Ich weiß nicht genau wer er war.
Nur das er sich gegenüber des Ventrue nicht offenbaren wollte,
dass er Spaß an diesem Spiel zu haben schien.
Dass die Tiere ihn als das erkannten, was er war.
Dass er weit mehr zu wissen schien als er preisgab.“

Ein aus der Verzweiflung geborenes Lächeln erschien in seinem Gesicht.

„Hoffen wir, dass ich an diesem Tag nicht meine Existenz verspielt habe.“

Seine Augen betrachteten die Księżniczka ohne zu starren, ohne ihre Augen zu suchen.
Seine Gedanken waren an anderer Stelle.
Am Fuße des Wawels.

Was für ein Geschenk und gleichzeitig,
was für eine furchtbare Verantwortung.

„Falls sich herausstellt, das jener Nicolai,
sich auch das Flüstern der Weichsel nennt,
möchtest du dann trotzdem mit ihm sprechen?
Hast du ihn zuvor bereits einmal getroffen?“

[Marzanna]

"Aber unbedingt! Auch in diesem Fall möchte ich ihn sprechen. Ich selber kenne ihn auch nur dem Namen nach."

[Bogdan]

Der Alte lächelte,
je mehr Zeit er damit verbrachte über das Vergangene nachzudenken,
desto mehr Sinn schien in der ganzen Geschichte zu stecken.

"Gut" sagte er, "ich werde ihn darum bitten."
Er lächelte ein verschmitztes Lächeln.

"Falls, ja falls er mich jemals wieder besucht.
Falls ich ihn finde."

Schließlich betrachtete er seine Chrzestna nachdenklich.

„Er sprach davon, das er Geschichten sammele.
Alte, neue, vergessene. Schien jedoch gelangweilt, falls er eine von ihnen bereits kannte.“

Seine Augen betrachteten die Księżniczka, auch sie war eine wundervolle und geheimnisvolle Erscheinung.

„Kannst du mir eine Geschichte über dich oder etwas anderes erzählen, die ich ihm im Tausch für diesen Handel anbieten kann.“

Sein Blick blieb nachdenklich.

„Er bot mir Informationen an, wenn ich bereit wäre ihm meine Geschichte zu erzählen.
Es ist möglich, das er auch bei dir zu so einem Handel bereit wäre.“

[Marzanna]

"Hmmm, vielleicht, dass ich der Rudawa als sterbliches Mädchen geopfert wurde. Obwohl ihm das die Weichsel bestimmt schon geflüstert hat.
Meine Opferung war besonders und die rote Rudawa hat es bestimmt der Weichsel plätschernd geplappert."

[Bogdan]

Der Alte nickte.

"Das klingt nach einer guten Geschichte.
Falls ich ihn treffe werde ich ihm ausrichten, wo diese Geschichte erzählt wird."

Er lächelte.

"Von dir erzählt,
wird diese Geschichte eine andere sein,
als die welche die Weichsel ihm flüsterte."

[Marzanna]

"Das mag stimmen. Götter, die nie sterblich waren, haben einen anderen Blick auf das kurze Leben und Leid der Menschen."

[Bogdan]

Der Alte nickte.

"Wenn du sie mit ihm geteilt hast, würde ich mich freuen sie ebenfalls zu hören."

Er schmunzelte.

"Aber davor sollten wir dafür sorgen, dass du die einzige bist, welche sie ihm so erzählen kann."

[Marzanna]

"Das werde ich mit Freuden bei Gelegenheit tun. Es ist eine Geschichte aus alter Zeit, selbst wenn ich damals schon lebte. Es war eine ganz andere Zeit und der Zimmermann noch sehr neu in den Landen."