[1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

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Marzanna
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Re: [1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Jaroslaw gehorchte irritiert.
Glücklicherweise war der Krähenschwarm, der den Fliehenden nun auch noch zusetzte, genug, um diese aus der kurzen Phase der Neugruppierung zu reißen.
Der Wiedergänger kam über die hinteren Fliehenden. Er wusste nicht, was Agnellina sich von Gefangenen versprach. Für diese Banditen gab es kein Lösegeld und sie als Sklaven an die Tataren zu verkaufen, war mühselig und gefährlich.
Das Gesetz war eindeutig und grausam, was das Schicksal gefangener Räuber anging. So eindeutig und grausam, wie diese Bastarde ihre Opfer behandelten. Wehe einer Frau oder einem Kind, die denen in die Hände fielen! Oder auch vieler Händler, die beraubt wurden. Keine Zeugen hieß keine Ankläger.

Aber gut, sollte sie ihren Willen haben. "Ergebt Euch!", zischte er zu denen, die er erreichte. Einer warf tatsächlich wimmernd die Waffe weg und warf sich zu Boden. Ein anderer hieb blindwütig und wahnsinnig vor Terror mit der Axt nach Jaroslaw. "Lebendig", knurrte dieser wie ein Mantra und hieb anstelle mit dem Schwert mit der Kante des Schildes ins Gesicht des Mannes, während er die mit der Klinge die Axt harmlos zur Seite lenkte.
Wangenknochen brachen, blutige Zähne flogen und der Mann ging stöhnend zu Boden. Aber er lebte.

Jaroslaw ging weiter und hieb den Schwertknauf in den Nacken eines Fliehenden. Der würde das auch überleben. Wahrscheinlich zumindest.
Das Gros der Räuber war inzwischen im Kessel angelangt, im Halbkreis der brennenden Fackeln auf der Lichtung.

"Ergebt Euch!", brüllte er zu den Räubern hinüber. Die waren so demoralisiert, dass sie gehorchten und ihre Waffen, so sie welche hatten, fortwarfen und um ihr Leben flehten.

"Lebendig", knurrte Jaroslaw zu sich selbst. Seine Hunde rief er zurück und seinen Männern brüllte er zu: "Bindet sie mit den vorbereiteten Galgenstricken. Wir nehmen heute alle gefangen!"

Das verwirrte die Söldner und Ausgehobenen zwar, aber keiner wagte den Befehl des Hauptmanns infrage zu stellen.
Es hatte funktioniert und wenn etwas funktionierte, war es gut und richtig.
Trotzdem würde Jaroslaw sich von Marzanna anhören müssen, was das denn bedeutete und was sie jetzt mit einem Dutzend gefangener Räuber anfangen sollte.
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Agnellina
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Re: [1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

Im Trubel nahm sich auch die Gangrel von den Stricken. Sie ging ein Stück zurück und band mit geübtem Schlag die Hände des Mannes, dem Jaroslaw auf dem Weg zum Kessel hin seinen Schwertknauf in den Nacken gerammt hatte. Sie warf das Seil über einen niedrigen Ast und zog ihm die Arme rückwärtig in die Höhe. Auch wenn er erwachte, würde er sich nicht so rasch befreien und von der Stelle bewegen können. Doch das Erwachen sollte sich auch noch etwas verzögern. In diesem dunklen Abseits nahm sie sich ihren Tribut von diesem besinnungslosen Mann und stahl ihm leise ungefähr zwei gute Humpen voll Blut.
Auch der andere weiter zum Lager hin, der unter den Schmerzen des gebrochenen Kiefers zu leiden hatte, traf eine ähnliche Behandlung. Nachdem sie ihn seinem leisen Wimmern folgend gefunden hatte, drehte sie ihn auf den Bauch und schlang den Strick fest um seine Handgelenke. Ihm wurde die Milde der Ohnmacht gewährt, indem sie ihm in die Besinnungslosigkeit trank.

Während sich andere darum kümmern mussten, die Gefangen einzusammeln, ging sie zum Lagerplatz der Räuber zurück. Sie sah sich das Lager in aller Ruhe an. Räuber würden Schätze lagern. Truhen voll Gold und Edelsteine. Vielleicht auch geraubte Jungfrauen gefangen halten.
Andere würden wohl einfach nur ihr Hab und Gut mit sich schleppen und versuchen zu überleben. Interessiert durchstöberte die Gangrel das von seinen Bewohnern befreite Lager. Sie löschte die restlichen Feuerstellen, indem sie Glut und Flammen unter Erde erstickte. In der Nähe schnupperte sie nach den Gerüchen des fremden Essens. Sie betrachtete die Schlafstätten und Waffen. Wo sie die kleinen Lagerstellen fand, wühlte sie in den Taschen nach Werkzeugen und anderen Spuren des zugehörigen Menschen.
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Marzanna
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Re: [1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Tatsächlich fand sie von Wölfen und Krähen fast zu Tode geängstigte Packesel und Beute der ruthenischen Banditen.
Allerdings waren es kein Juwelen oder Münzen, sondern kleine Säcke mit Salz, Fässer mit Butter, Pelze und Tuche. Nur wenige Münzen waren unter der Beute. Vermutlich waren diese bei den Gefangenen und verteilt worden, sobald sie erbeutet worden waren.

Drei Kinder, gefesselt, traumatisiert und voller Angst fand sie auch. Zwei Jungen und ein Mädchen, die auf den Sklavenmärkten der Tataren und Türken viel einbringen würden.

Nach einer Weile, in der sie fröhlich plündern konnte, kam Jaroslaw hinzu. Allein nur mit den Hunden, denn er war sich nicht sicher, welche Stillebrüche vielleicht stattfinden würden, nachdem er den Krähenschwarm gesehen hatte.

"Du weisst, dass das da jetzt Eigentum der Voivode ist, ja? Du wirst einen guten Anteil bekommen, so wie auch ich, aber stehen in ihren Diensten, sonst wären wir nicht besser als die Räuber."
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Agnellina
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Re: [1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

Jagna stöberte ungeniert herum, doch sie steckte weder etwas in ihre Taschen noch befreite sie sofort die Kinder. Sie gab diesen zunächst nur ein „Shh. Alles wird gut. Hilfe ist unterwegs.“ zur Hoffnung und hielt etwas Abstand. Auf eine Hasenjagd auf verängstigte Kinder konnte sie wirklich verzichten. Sie untersuchte die Tuche und Pelze, versuchte zu schlussfolgern, ob diese von weit her aus jenem unbekannten Ruthenien kamen oder der Raub von umliegenden Webstühlen waren.

Die Krähen - unbefehligt und vom Ruf nur geweckt und angelockt zur allgemeinen Unruhe hin -, die konnten wohl frei entscheiden, was eher in ihrer Natur lag. Weiter auf ein mögliches Mahl am Schlachtfeld zu lauern oder die Nacht weiter zu verschlafen.

Sie war sich nicht sicher, wer kommen und das Lager kontrollieren würde. Doch sie war sich sicher, dass jemand kommen würde. Als sie Pawlinas Gehechel und Jaroslaws Schritte hörte, wandte sie sich um und schenkte dem Recken tatsächlich ein freundliches Lächeln.

„Es fehlt kein Krümelchen. Doch ich will sehen, wie schrecklich diese Räuber tatsächlich sind. Welche Schuld sie auf sich geladen und wie sie sich gegenüber dem Land der Księżniczka versündigt haben.“

Księżniczka. Prinzessin. Sie ließ von diesem Titel für Marzanna nicht ab.

„Bist du wohl auf?“, fragte sie sorglich und ihre Augen inspizierten ihn aus der Entfernung auf etwaige Verwundungen.
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Marzanna
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Re: [1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

"Danke, dein Pfeil ist nicht durchgeschlagen", meinte Jaroslaw trocken.

Er deutete auf die Kinder. "Frag doch sie nach den Sünden ihrer Entführer. Vielleicht haben sie ja an sich gehalten. Der Preis für Jungfern auf den Märkten der Heiden ist viel höher als für Entehrte. Und auch die Jungs werden noch nicht verschnitten sein. Mit frisch Kastrierten zu reisen, erhöht die Chance, dass sie nicht lebendig ankommen. Vielleicht haben sie nur ihre Eltern ermordet und die Kinder haben Glück gehabt."

Er grummelte noch verstimmt, als er die Beute inspizierte. "Salz! Natürlich! Die Bastarde arbeiten vielleicht für die Pfeffersäcke, die sich gerade um die Salzrechte prügeln. Oh, Butterfässer! Also wird da kostbares Glas drin sein, geschützt durch die Butter vor Stößen. Das ist mal wertvoll."
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Agnellina
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Re: [1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

Die Gangrel zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht zu einer sturen Grimasse.
"Sie leben. Sie haben eine Zukunft. Die Księżniczka wird bestimmen, wie ihr weiteres Schicksal aussieht."
Das schien völlig ausreichend für sie.

Dann vergriff sie sich doch an den Vorräten. Sie warf Pawlina einen Zipfel Trockenfleisch vor die Schnauze und nahm einen Trinkschlauch. Sie roch sorgfältig am Inhalt, dann brachte sie die Flasche den Kindern und ließ sie trinken, während Jaroslaw Säcke und Fässer untersuchte. Ihre Augen untersuchten die Kinder dabei. Wie alt das Mädchen sein mochte?
Prüfend schnupperte sie und rümpfte die Nase. Die Kinder brauchten einiges, zum Beispiel einen guten Zuber heißes Wasser.
"Keine Sorge. Wir helfen euch, hier fortzukommen. Trinkt erst einmal. Wir werden ein gutes Stück laufen müssen. Könnt ihr laufen?"

Sie hörte eine gewissen Zufriedenheit mit der Beute in Jaroslaws Stimme. Das Salz erinnerte sie an etwas. Das würde sie später Marzanna gegenüber vorbringen können, wenn es notwendig werden sollte.

"Wie viele Leute waren hier im Lager?", fragte sie die Kinder. Ob sie wohl alle erwischt hatten oder ob sich jemand tiefer in die Wälder geschlagen hatte und den Hunden entkommen war?
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Marzanna
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Re: [1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Die Kinder waren ängstlich und einer der Jungen weinte. Das Mädchen, hohlwangig und so aussehend, als würde sie in diesem Leben nie wieder lächeln wollen, nahm misstrauisch den Wasserschlauch und gab ihn zuerst dem jüngeren Knaben, bevor sie selbst davon trank und ihn dann dem dritten Kind weitergab.

"Wir können laufen", sagte es. Ihre nackten, zerkratzten und schmutzigen Füsse sahen so aus, als ob sie das auch schon eine Weile gemacht hatte.
Ihre Handgelenke waren wund von den Hanfseilen, mit denen sie gefesselt worden war.

Die Kleine schaute ängstlich zu dem gepanzerten Krieger, dessen Äußeres darauf angelegt war, Furcht zu erregen. Die Leichen, die dieser geschaffen hatte, bevor Agnellina ihn stoppte, schaute sie dagegen seltsam gleichgültig an.
"Keine Ahnung, wie viele. Mehr als meine Finger, weniger als meine Finger und meine Zehen zusammen."

"Das passt", meinte Jaroslaw wieder trocken." Meiner Meute entkommt niemand."

Pawlina hechelte, als wüsste sie, dass sie gelobt wurde. Dann widmete sie sich wieder dem Trockenfleisch.

"Bist du der Teufel?", schniefte der weinende Junge.

"Nein, auch wenn manche das sagen."
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Agnellina
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Re: [1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

"Der Teufel rettet keine kleinen Jungen. Aber Lichtbringer werden in einem Kampf auch mal schmutzig und müssen wild aussehen, damit die Bösen Angst vor ihnen bekommen. Du bist gescheit und tapfer. Du hast keine Angst, hm? Du hast gesehen, dass er Gutes tut und braven Kindern hilft."
Jagna griff die Frage des Jungen direkt auf und deutete ihm das Gesehene.
In einer Welt, in der selbst bei weniger braven Kindern zu ihrem eigenen Besten nicht mit der Rute gespart wurde, da brauchte Jagna nicht ausmalen, wie dieser gute Lichtbringer zu ungezogenen Kindern stehen würde. Es reichte, eine Seite der Geschichte zu erzählen. Sie erhellte den Kindern die Zukunft mit klaren Worten.

"Ihr kommt mit uns. Ihr bekommt ein Dach über den Kopf, etwas Warmes in den Bauch und einen trockenen Platz zum Schlafen. Gibt es Habseligkeiten im Lager, die euer Eigentum sind?"

Sie sah das Mädchen an und machte sich ihre Gedanken. Sie war dünn und noch etwas jung. Doch mit etwas Geduld und kräftiger Kost... würde sie bald erblühen können. Im Hinterkopf dachte sie darüber nach, dass sich unter der Kruste wohlmöglich ein ansehnliches Mädchen verbergen mochte, welches Jaroslaw in der Zukunft einen kräftigen Knaben gebären könnte, welcher seinen stolzen Namen tragen durfte. War es nicht das, was alle edlen Männer wie der Bratowitch brauchte? Einen Erben, der Beweis seiner Manneskraft war? Ein feistes Kleinkind, welches die Herzen verzauberte und Beweis seiner Menschlichkeit war?

Es waren weder Ort noch Augenblick für eine solche Unterredung. Agnellina wusste, dass ihr trockener Schoß früher oder später nachteilig für den Vasallen sein konnte, und machte sich still ihre Gedanken.

Sie zückte ein Messer, sah aber fragend zum Rudelführer. "Können wir die Stricke lösen? Es sind verständige Kinder, sie werden keine Dummheiten machen und folgsam sein. Wir können sie zusammen mit den Hunden zurück bringen. Oder möchtest du hier erst alles zusammen räumen und verladen? Sie gehen dir sicher gern und dankbar zur Hand."
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Marzanna
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Re: [1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

"Wenn sie wollen, können sie etwas helfen. Aber nur, wenn sie wollen. Ich zwinge keinen zu irgendwas, der es nicht verdient.
Ich lasse die Gefangenen getrennt abführen. Ich will nicht, dass vor allem die Kleine mit denen zusammentrifft. Den Blick kenne ich. Und auch eine Maid von zehn Sommern kann ein Messer gegen einen Gebundenen führen und ich habe dir ja versprochen, keinen der Bastarde zu töten."

Er ging Richtung seiner Leute. "Ich hole Männer, die alles abtransportieren. Die Esel sind hilfreich. So muss nichts aus dem Wald geschleppt und kein Karren geholt werden.Lös du die Fesseln. Ich mache den Kindern nur Angst."
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Agnellina
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Re: [1259] Die Meute der Koldun [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

„Du hältst dein Wort wie der Edelmann, der du bist.“
Ihre Stimme konnte süß wie Honig sein und in diesem Moment streichelte sie sein Ego. Ihre Augen sahen ihn dabei so ehrlich an, wie sie es wohl meinte.
„Die verehrte Księżniczka spricht Recht und bricht den Stab über sie. Wer sind wir, Ihr diese Macht streitig zu machen?“, machte sie sich mit ihm gemein und forderte ihn zugleich zu einer späteren Debatte dazu heraus.
„Lass mir bitte zwei aus der Meute hier. Die Nacht ist dunkel. Ich möchte, dass sie die Kinder behüten.“

Sie schnitt die Knoten der rauhen Seile so behutsam wie möglich auf und löste die Schlingen.
„Sucht, was euch gehört. Nehmt euch Schuhwerk, wenn ihr welches findet, oder wir warten auf die Männer mit dem Karren.“, wies sie die Kinder an. „Alle Räuber sind gefangen genommen worden und werden ihre Strafe bekommen. Wollt ihr mir erzählen, woher ihr kommt und wie ihr in die Hände der Männer gerietet? Die wohlwerte Księżniczka wird es wissen wollen. So kann sie ein gerechtes Urteil über all das sprechen, was diese Männer getan haben.“
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