Krakau bei Nacht

Die Tremere seufzte und leerte den Becher des Blutes restlich. Dann lächelte sie den Wirt an. "Ich danke euch für eure Gastfreundschaft und diesen wunderbaren Trunk. Aber ich denke ich muss euch nun verlassen. Immerhin kann es sein, dass ich einen Krieg ausgelöst habe, indem ich nicht zu Kreuze gekrochen bin." sie schüttelte mit dem Kopf und erhob sich elegant, musste aber einen Ausfallschritt machen, um nicht zu stolpern. "Hupsa..." sie lächelte dem Wirt noch einmal zu. "Seit versichert niemand will in den Krieg ziehen." schmunzelte sie, bevor sie ging. Draußen an der Luft, atmete sie noch einmal durch. Das war ein durchaus nicht gewünschter Start.

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Einen Moment starrte Pawel sie mit leicht geöffnetem Mund an und war schweigsam. Danach schüttelte er den Kopf als würde er sich von einem Hieb erholen, offenbar war ihre letzte Weisheit ein wenig zu viel für den einfachen Wirt und es hatte ihm die Sprache verschlagen. Mit ruhigen Bewegungen räumt er Dinge hinter der Theke von einem Ort zum nächsten und als man schon dachte er hätte sie vergessen können, erhob sich die Stimme des galzköpfigen erneut.

"Es ist gut wenn wir uns keine Sorgen machen müssen. Auch wir sind nicht an Streit interessiert. Es nützt niemand, ich denke daher hat ihre Majestät auch verfügt, dass Spannungen und Fehden von Außerhalb dort bleiben müssen." ein kurzes zucken mit den Schultern und er murmelte noch "...auch wenn das vermutlich schwer sein dürfte zu beweisen, wenn es mal eskaliert..."

Natalias Mundwinkel hoben sich. So wich ein Diener einer Frage also aus. Interessant. Aber sie hatte auch nicht vor weiter nachzubohren. Sie überschlug die Beine und strich mit dem Zeigefinger nachdenklich über den Rand des Kelches. "Oh. Da müsst ihr euch keine Sorgen machen. Mein Ältester ist nicht an Streit mit Krakau interessiert. Ich bin hier um die Beziehungen zwischen Krakau und meinem Clan aufzubauen und zu pflegen. Jegliche Spannungen oder Fehden, seien sie von Außen oder von Innen, wären also Kontraproduktiv." sie zuckte mit den Schultern und nahm noch einen Schluck des Blutes. "Aber die Tzimisce machen ihrem Namen "Unholde" nunmal alle Ehre." sie seufzte ergeben.

"Ignoranz ist das Gift, welches die Tolleranz tötet." sie hatte es zu oft gesehen, wenn Glauben auf Glauben traf. Zu schnell wurde aus Glauben Gewalt.

Pawel lächelte nur zur Antwort. Er schien das Spiel zu kennen und strich sich kurz über die Stirn. "Nein. Von Ceoris habe ich noch nie gehört. Aber eurer Sprache zu urteilen, vermutlich jenseits der Karpaten," sprach er mit einem Schulterzucken, bevor er fortfuhr. "Ich hoffe für euch, dass euer Ältester den Frieden Krakaus mit euch nicht stören möchte. Weder Prinz noch Seneschall dulden Störungen durch irgendwelche auswärtigen Fehden," stellte Pawel fest, ohne Natalia direkt zu drohen. Es war eine Feststellung, ähnlich wie die Tatsache, dass es im Winter kalt wurde, und für Pawel war diese Tatsache ein Gesetz.

"Und ich will gar nicht wissen, welche anderen grausamen Dinge draußen in der Nacht warten." Er nickte sich selbst zustimmend. "Es ist gut, wie es ist, und man kann hier frei sein. Selbst die Juden kommen hierher, und auch die alten Wege sind noch da..." Seine Augen schauten etwas verträumt in die Dunkelheit. "...wenn auch nicht mehr so wie früher." Dann fing er sich wieder und ergänzte: "Die Stadt ist so tolerant, dass die Intoleranten es schon beginnen auszunutzen."

"Also sind Prinz und Seneschall erst nach dem Angriff der Mongolen an die Macht gekommen? Oder waren sie es vorher bereits und haben schlicht überlebt?" sie lächelte leicht, interessiert und zurückhaltend. Auf seine weiteren Worte ging sie vorerst nicht ein, sondern nahm noch einen Schluck der Spezialität.

Schließlich legte sie leicht den Kopf schief. "Es stimmt. Ich bin erst seit kurzem hier und habe mich bisher nur dem Seneschall vorgestellt. "Eigentlich hatte ich vor, hier die Neugeborenen treffen und erste Kontakte knüpfen zu können. Nunja...das war eine...interessante Begegnung...aber ich hätte mit so etwas rechnen müssen." sie seufzte erneut. "Ich denke das Dorf aus dem ich eigentlich stamme wird euch nichts sagen. Ich komme aus Ceoris und mich treibt natürlich der Plan eines meiner Ältesten hier her, den ich selbst nicht kenne, nach dem ich aber spielen muss. Wie es bei so vielen Neugeborenen der Fall ist." sie schmunzelte und trank noch einen Schluck. Das Blut war gut, frisch und der Alkohol und die Kräuter darin machten ihren Kopf leicht und die Zunge schwer. So war es kaum verwunderlich, dass ihre Sprache nicht mehr ganz so klar war, wie sie es sich erhoffte, oder vorstellte.

"Selbst gebrannter...", antwortete der Wirt und nickte zufrieden. "Versehen mit ein paar Kräutern." Mit der flachen Hand strich Pawel nachdenklich über die Maserung des Tresens. "Der Angriff hat so ziemlich alle Nächtlichen ihre Existenz gekostet. Von einigen weiß man..." Die Augen wanderten unter den Tresen, vermutlich dorthin, wo er das Stück Rinde abgelegt hatte, "...von anderen vermutete man es..." Nun hob er den Blick wieder, "...und von einigen wünscht man es sich..."

"So wie mir berichtet wurde, waren auch Kinder Kains an dem Angriff beteiligt. Aber diejenigen wenigen, die darüber berichten könnten..." Er schüttelte kurz den Kopf, "...sprechen ungern darüber, und ich befinde mich nicht in einer Position, darauf zu bestehen." Nun griff er einen Becher und füllte sich selbst einen Krug an einem der Fässer. "So, woher stammt ihr? Was treibt euch her?" Leicht legte er den Kopf schräg. "Ich habe euch hier noch nicht gesehen, und dieser Streit..." Er leckte sich kurz über die Lippen, "...war schon eine der aufregenderen Dinge, die hier passiert sind seit..." Der Blick des Wirts wanderte in die Ferne. "...nun, seit ich der blutigen Klinge diene."

Natalia zog kurz die Augen zusammen, wegen der zu hörenden Geräusche, aber sie lies es geschehen. Sie wusste wie Blut gewonnen wurde. Als der Becher schließlich vor ihr abgestellt wurde, nahm sie ihn nicht direkt auf, sondern hörte erst den Ausführungen Pawels zu. "Hat der Mongolensturm so viele Neugeborenen das Unleben gekostet? Wisst ihr ob mit den Mongolen auch Kainiten gereist sind?" fragte sie neugierig und hob schließlich den Becher an, nur um dann auch einen Schluck des Vitae zu nehmen.

Noch während die kostbare Vitae ihre Kehle herunterrann konnte sie den Alkohol und irgendetwas anderes schmecken. Ihre Augen wurden groß und sie setzte den Becher langsam wieder ab. "Ihr mischt einen guten Tropfen in die Vitae, Pawel. Ich vermute Regional gebrannter Schnaps?" Sie lächelte, während die Hitze des Alkohols und der offenbar noch beigemischten Droge durch ihren Körper schoss. Sie hatte nicht mit so einer Wirkung gerechnet. Aber andererseits gefiel ihr die Wirkung, so nahm sie einen zweiten Schluck.

Pawel nickte und murmelte: "Einen Moment...". Danach drehte er sich um und verschwand zwischen zwei der größeren Fässer. Am Ende der Reihe trat er hinter eines davon und man konnte kurz ein paar seltsame Geräusche vernehmen, ehe der Wirt mit einem gefüllten Becher zurückkam. Noch bevor er die Theke erreichte, konnte Natalia den süßen Geruch von Vitae ausmachen.

Als Pawel ankam, stellte er den Kelch ab und schob ihn mit den Worten "Wohl bekomm's..." herüber und widmete sich im Anschluss den weiteren Fragen. "Ich war damals kein Wirt, aber wohl auch kein General." Kurz wanderte sein Blick durch die Räumlichkeiten. "Tatsächlich war ich zu der Zeit dort, wo die Wisla ins große Wasser mündet. Unglücklicherweise, doch ich vermute, es wäre mir ähnlich ergangen wie vielen Neugeborenen zu der Zeit."

"Dann einmal die Spezialität des Hauses." lächelte sie den freudlosen Wirt an. Sie lies sich nicht von seinem nicht vorhandenen Lächeln aus der Fassung bringen. "Wir haben das Jahr 1258. Es dürfte also etwa 17 Jahre her sein." schmunzelte sie. "Das ist kürzer, als ich erwartet hatte." Sie schlug entspannt ein Bein über das Andere und stützte ihr Kinn auf ihren Handballen, sowie den Ellenbogen auf die Theke und betrachtete den kahlköpfigen Wirt immer noch interessiert. "Erzählt mir von dem Sturm der Mongolen, der auf diese Stadt eingeprasselt ist. Wart ihr damals bereits ein Wirt? Oder wart ihr ein General, der bei der Verteidigung seine Truppen auf den Mauern alles gegeben hat?"

"Der Kelch ist das, von dem ihr ausgeht. Die Spezialität ist..." Pawel lächelte kalt, "...eine Spezialität." ergänzte er und das Lächeln erstarb. Während er auf ihre Antwort wartete nutze er die Zeit um die Frage der Tremere zu beantworten. "Ich habe den Überblick verloren. Die Jahre fließen dahin, wie die Weichsel und irgendwann beginnt man aufzuhören zu zählen." kurz fuhr seine kräftige Hand über den kahlen Schädel. "Welches Jahr haben wir?" noch bevor Natalia etwas sagen konnte murmelte der glatzköpfige Mann mit seiner schnarrenden Stimme "Ich hüte dieses Elysium seit dem Tag, als der Himmel brannte und die Hufe der östlichen Reiter unsere Mauern erzittern ließen. Seither wacht das Hejnał über uns, und meine Pflicht begann mit dem letzten Pfeil, der unsere Stadt traf."