Nach den prunkvollen Feierlichkeiten des Vorjahres kehrt in Krakau eine trügerische Ruhe ein. Die neuen Stadtrechte haben tiefgreifende Veränderungen mit sich gebracht, doch nicht alle tragen die erhofften Früchte. Der Winter kam früh und mit ungewöhnlicher Härte. Die Vorräte, durch die ausschweifenden Feste des Vorjahres bereits geschmälert, werden knapp.
Die Tęczyński haben ihre Position weiter gefestigt. Ihr neuer Handelskomplex nahe dem Marktplatz überragt die benachbarten Gebäude wie ein steinerner Koloss. Doch ihr wachsender Einfluss fordert seinen Tribut - drei ihrer Handelsschiffe versanken im Herbst unter mysteriösen Umständen in der Weichsel. Gerüchte sprechen von Sabotage.
Eine neue Macht etabliert sich im Schatten der großen Familien. Die Brüder Wierzynek, bisher kaum beachtete Kaufleute aus dem Süden, haben durch geschickte Investitionen und zweifelhafte Geschäfte erheblichen Einfluss gewonnen. Ihr neu errichtetes Kontor wurde zum Anlaufpunkt für Händler aus dem gesamten Königreich. Nachts sieht man dort seltsame Gestalten ein und aus gehen.
Die Sędziwój-Familie sieht sich zunehmend in die Enge getrieben. Ihr Bündnis mit den Handwerksgilden brachte nicht den erhofften Einfluss. Jan Sędziwój wurde im Sommer tot in seiner Bibliothek aufgefunden - offizielle Berichte sprechen von einem Herzleiden, doch seine Familie besteht auf Untersuchungen wegen Vergiftung.
Die jüdische Gemeinde hat sich nach den Anfeindungen des Vorjahres zurückgezogen. Ihre Häuser im östlichen Viertel wirken verschlossen, die Fenster werden nach Einbruch der Dunkelheit mit schweren Läden verriegelt. Dennoch floriert ihr Handel, und neue Geschäftsverbindungen bis nach Prag werden geknüpft.
Ein neuer Kult hat in den ärmeren Vierteln Fuß gefasst. Seine Anhänger treffen sich in verlassenen Lagerhäusern und sprechen von einer nahenden Dämmerung. Ihr Anführer, ein Mann namens Jakub der Erleuchtete, predigt von alten Göttern und dem Ende der christlichen Herrschaft. Die Kirche beobachtet diese Entwicklung mit wachsender Sorge.
Die Familie Ligęza hat den verfallenen Wachturm am Fluss erworben. Unter ihrer Aufsicht werden dort umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt. Arbeiter berichten von seltsamen Funden in den Kellergewölben - alte Schriften und merkwürdige Artefakte, die umgehend von den Ligęza in Verwahrung genommen wurden.
Im Spätsommer verschwanden mehrere Kinder aus den Gassen nahe der Stadtmauer. Die Stadtwache fand nur ihre leeren Betten und seltsame Symbole, in die Wände geritzt. Eine Woche später tauchten sie wieder auf - unverletzt, aber verändert. Sie sprechen nicht über die Zeit ihrer Abwesenheit, doch ihre Spiele handeln seither von düsteren Prophezeiungen.
Das Umland wird von einer Reihe unerklärlicher Brände heimgesucht. Ganze Scheunen gehen in grünlich schimmernden Flammen auf, die selbst starker Regen nicht zu löschen vermag. Die betroffenen Bauern sprechen von Gestalten in dunklen Gewändern, die vor den Bränden gesichtet wurden.