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[1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Fr Mai 16, 2025 7:26 pm
von Bogdan
Der alte Mann saß auf einer Bank am Rande des Rynek Główny.
Er hatte schütteres graues Haar,
tiefe Falten um braune Augen,
die viel gesehen haben mochten.

Sein Rücken lehnte am kalten Stein eines Hauses am Rande des riesigen Platzes.
Neben ihm lehnte ein schwerer Stab an den ein Bündel gebunden war.
Verborgen unter seiner Wolltunika, spürte er die kühle Klinge eines gut gepflegten Jagddolches.
Einer mit dem man einem Eber den letzten Stoß gab.

Er lächelte,
als er zuletzt hier gewesen war,
hatte die Stadt gebrannt.

Überall hatten Trümmer gelegen.
Blut und Kotze hatte die Straßen bedeckt.
Angst hatte in der Luft gelegen.
Im Rückblick wirkte es wie ein blutiger Fiebertraum.

Dann hatte das Tier übernommen,
hatte ihn aus diesem Traum herausgetragen.
Hatte auf dem Weg getötet und zerstört,
hatte einige der Angreifer mit dem Leben bezahlen lassen.

Als er wieder zu sich kam war Er,
der seine Welt immer zusammen gehalten hatte verschwunden.
Und mit ihm alle Sicherheit,
alle Hoffnung,
alles das damals etwas galt.

Dann waren die Jahre ins Land gegangen.
Hatten ihn fortgetragen,
hatten ihn letztlich schlafen lassen.

Als er dann erwachte,
hatte er Hoffnung gespürt.
Süßes Blut in seinen Fängen,
eine Welt die aus dem Chaos wieder auferstanden war.

Heute, kaum 20 Jahre später,
war von der Zerstörung nichts mehr zu sehen.
Die Stadt war lebendiger denn je.
Schön, Stolz, das Zentrum des Ostens.

Die Kirchen waren größer als damals,
die Häuser protziger,
der Feind ?

Verschwunden.

Der alte Mann lächelte,
griff in einen Beutel,
warf den Straßenkatzen die sich um ihn herum sammelten,
abgebundene Hasenmägen zu.

Sie liebten das Zeug.

Immer wieder griff seine Hand hinein,
zauberte neue Köstlichkeiten hervor,
strich den Tieren durchs Haar,
kraulte sie sanft am Bauch.

Aus den Augenwinkeln sah er einige Schatten,
die sich ihm beständig näherten.

Er gab vor sie nicht zu bemerken.
Sollten sie doch kommen,
auch er konnte ein paar Leckerbissen gut gebrauchen.

Re: [1259] Und Krakau atmete weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Fr Mai 16, 2025 11:32 pm
von admin
Ein Knirschen feiner Lederschuhe auf dem Kopfsteinpflaster näherte sich der Bank. Ein schlanker Junge, vielleicht zehn oder elf Winter alt, trat aus den Schatten in den schwachen Schein der Öllaternen. Seine Kleidung verriet wohlhabende Herkunft – ein samtener Wams mit silbernen Stickereien, fein gewebte Hosen und ein kurzer Umhang mit Pelzbesatz, wie es sich für einen Spross aus gutem Hause geziemte.

"Die mögen Euch wirklich gern, die kleinen Biester," bemerkte der Knabe mit heller, klarer Stimme und deutete auf die Katzen. Ohne eine Einladung abzuwarten, ließ er sich neben dem alten Mann auf der Bank nieder. Sein Gesicht wirkte im Halbdunkel seltsam alterslos – kindlich runde Wangen, aber Augen, die viel zu wach und neugierig für sein Alter schienen.

"Mein Vater sagt immer, Katzen wissen, wer ihnen wohlgesonnen ist," fuhr er fort und streckte vorsichtig eine Hand nach einem der Tiere aus. "Darf ich?" Er sah zu dem Alten auf, ein kesses Lächeln umspielte seine Lippen. "Ich bin Nikolai. Mein Vater ist Kaufmann und hat ein Haus am Wawel. Die Erwachsenen feiern dort ein langweiliges Fest, da bin ich davongeschlichen."

Der Junge beugte sich näher, sein Atem in der kühlen Nachtluft seltsam abwesend. "Ihr seid kein gewöhnlicher Alter, oder? Ihr seht aus, als könntet Ihr Geschichten erzählen, die nicht in den Büchern der Mönche stehen." Seine Finger spielten mit einem Goldamulett an seinem Hals. "Habt Ihr die große Feuersbrunst gesehen, von der alle reden? Als die Tataren kamen?"

Re: [1259] Und Krakau atmete weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Sa Mai 17, 2025 10:10 pm
von Bogdan
Der alte Mann lächelte den Jungspund sanft an,
als dieser neben ihn trat, die Hand nach der Katze streckte.

Das Tier in ihm seufzte leise auf,
hatte es sich doch einen Überfall und frisches Blut so sehr gewünscht.

Nun war da dieser Junge,
der nicht den Instinkt,
sondern den Verstand des Alten faszinierte.

Etwas an ihm war anders.
Wo war die Unschuld die seine Erscheinung eigentlich versprach?

Was suchten seine scharfen Augen?

War das nur Neugier?
Oder war dort auch Hunger?*

Bogdan lächelte weich.
Deutete auf den Platz neben sich.

„Dann sei herzlich willkommen Nikolai.

Setz dich doch zu mir,
ich will dir eine Geschichte erzählen,
auch wenn ich und du,
ein alter Mann und ein kleiner Junge in tiefster Nacht auf Rynek Główny bereits eine Geschichte wert sind.“


Sein Blick wurde ein wenig strenger.

„Stiehlst du dich öfter in der Nacht nach draußen.“

Er hob einen Finger der linken Hand.

„Die Nächte hier draußen sind gefährlich, für einen jungen Kaufmann wie dich.“

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*Kleinen Jungen einschätzen = Misserfolg

Re: [1259] Und Krakau atmete weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Sa Mai 17, 2025 10:28 pm
von admin
Der Junge ließ sich auf den angebotenen Platz sinken, die Bewegung zu fließend und anmutig für ein Kind seines Alters. Seine Finger kraulten vorsichtig eine der Katzen, die ihn mit schräg gelegtem Kopf musterte, bevor sie sich seiner Berührung entzog und zum Alten zurückkehrte. "Geschichten sind das, was bleibt, wenn alles andere vergeht," erwiderte Nikolai mit einem Lächeln, das zu viel wusste. "Ein alter Mann und ein kleiner Junge in der Nacht – für die meisten wäre das eine Warnung, keine Geschichte." Seine Augen funkelten im Schein einer vorbeigetragenen Fackel, als würden sie das Licht besonders stark reflektieren. Bei Bogdans strenger Nachfrage lachte er leise.

"Öfter als meine Mutter weiß, seltener als ich möchte." Der Junge zuckte mit den Schultern und seine Finger spielten mit dem kostbaren Amulett. "Ich finde die Nacht... ehrlicher als den Tag. Tagsüber verstecken sich alle hinter ihren Masken und Pflichten. Nachts zeigt sich, wer sie wirklich sind."
Er rückte ein Stück näher, eine beunruhigende Vertrautheit in seiner Haltung. "Gefährlich?" Er schmunzelte, als wäre das ein Scherz zwischen Eingeweihten. "Die größten Gefahren tragen oft ein freundliches Gesicht, nicht wahr? Wie die Priester, die von Gnade predigen und nach Gold gieren. Oder die Kaufleute, die mit Lächeln betrügen." Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern. "Ich glaube, Ihr wisst das besser als die meisten, guter Mann. Ihr habt die Stadt brennen sehen, nicht wahr? Als die Mongolen kamen? Erzählt mir, wie war es? Ich höre so viele verschiedene Geschichten darüber..."

Re: [1259] Und Krakau atmete weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: So Mai 18, 2025 10:26 pm
von Bogdan
Die Augen des alten Mann verengten sich kurz als der Junge sprach.
Doch das Lächeln blieb bestehen.

Als das Kätzchen sich zu ihm zurückzog nahm er es liebevoll in die Hand beugte sich hinunter und miaute ihm eine Frage zu* „Ist das Kind Monster oder Mensch?“.

Belohnte die Antwort mit einem weiteren Bällchen abgebundenen Darms.

„Auch du scheinst mir kein gewöhnliches Kind eines Kaufmanns zu sein“, antwortete der Alte lächelnd.

Lies seinen Blick hinauf zu Wawel schweifen, führte eine Hand zum Herzen, als er begann zu erzählen.

„Nun eine Geschichte aus dieser alten Zeit. Du musst wissen damals war, wie du es eben sagtest, eine lächelnde Zeit, aber eine die sich als gefährlicher entpuppte als wir wahrhaben wollten. Krakau war schon damals eine schöne Stadt. Wohlhabend, aufstrebend, reich und voller Geschichten.

Die hohen Herren, beschäftigten sich mit der Politik, der Jagd und dem höfischen Spiel. Und das Volk tat, was ein gutes Volk eben tat. Es arbeitete hart, mehrte den Reichtum unserer aller Lande, diente im Großen und Ganzen dem Herzog und seinen Mannen. Wenige litten Hunger, die Armut des Pöbels war erträglich und der Handel schien zu erblühen.

Doch dann, kam plötzlich der Tot, er lächelte nicht, er grölte, vergewaltigte, brandschatzte.
Verlachte uns, die wir dachten eine güldene Zukunft zu besitzen.“


Der alte Mann machte eine Pause, betrachtete seinen jungen Zuhörer prüfend.

„Sagt mir junger Mann, möchtet ihr die Geschichte von Jendrek Mchułapek der den Wawel rette hören ? Oder dürstet es euch eher nach der Geschichte eines jungen Edelmannes der seine Liebste rettete und dafür den Tod durch einen mongolischen Pfeil erlitt.“

Katze nach der Natur des Jungen fragen (Tierhaftigkeit 1) = 3 Erfolge

Re: [1259] Und Krakau atmete weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Mo Mai 19, 2025 11:32 am
von admin
Die Katze versteifte sich leicht unter Bogdans Berührung, als er ihr zuflüsterte. Sie fixierte den Jungen mit unnatürlich langem Blick, ihre Pupillen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Ein leises Knurren bildete sich in ihrer Kehle, bevor sie mit deutlichem Misstrauen antwortete: "Rrrrawlllll... Kein Kind. Alte Dunkelheit. Riecht nach Erde und Tod." Nach dieser Offenbarung schnappte sie hastig nach der Belohnung.

Nikolai beobachtete den Austausch mit kaum verhohlenem Interesse. Ein wissendes Funkeln huschte über seine Augen, als er die Reaktion der Katze und den prüfenden Blick des Alten bemerkte.

"Wir sind selten das, was wir zu sein scheinen," erwiderte er leichthin auf Bogdans Bemerkung. Der Junge lauschte aufmerksam der Geschichte, ein kalkulierendes Glimmen in seinen zu alten Augen. Als Bogdan die Wahl zwischen den Geschichten anbot, lachte Nikolai leise. "Diese Geschichten kenne ich schon," sagte er mit einer abwinkenden Geste, die zu selbstsicher für ein Kind war. "Jendrek der Heldhafte und sein trauriges Ende. Oder der junge Edelmann Kazimierz und seine Opferbereitschaft für die schöne Anna." Ein Hauch von Ungeduld schlich sich in seine Stimme. "Was ich nicht kenne, ist Eure Geschichte. Ihr wart dort, nicht wahr? Als die Welt brannte?"

Er lehnte sich näher, seine Stimme nun ein verschwörerisches Flüstern. "Die Zeichen wiederholen sich, guter Mann. Im Osten sammeln sie sich erneut. Feuer wird wieder auf uns zukommen, und diesmal braucht Krakau mehr als nur Märtyrer und Helden." Seine kindliche Fassade bröckelte für einen Moment, ließ etwas viel Älteres durchscheinen. "Die Stadt braucht ihre Beschützer. Alle ihre Beschützer. Auch jene, die unter den Trümmern verschüttet wurden." Schnell fing er sich wieder, das Lächeln eines unschuldigen Knaben kehrte zurück, während er beiläufig eine Münze zwischen seinen Fingern drehte. "Aber ich schweife ab. Natürlich interessiert sich ein Kind nur für Heldengeschichten. Vielleicht habt Ihr eine, die noch nicht in den Liedern der Barden verewigt wurde?"

Re: [1259] Und Krakau atmete weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Mo Mai 19, 2025 12:36 pm
von Bogdan
Nun da er Alte Gewissheit hatte,
veränderte sich sein Verhalten merklich.

Das Lächeln verschwand.
Seine Augen verengten sich kurz,
betrachteten den Jungen.

„Verzeiht, ich musste zunächst der Stille genüge tun.“

Geschmeidiger als es für sein Alter geboten sein mochte,
vollzog er im Sitzen eine Verbeugung,
welche der eines Diener gegenüber seinem Herren würdig gewesen wäre.

„Mein Name ist, wie ihr vermutlich bereits wisst,
Bogdan Radzimowicz, Kind des Abdul ibn Yussuf.
Einigen bin ich auch als Yamam ibn Abdul bekannt.“


Dann war das Lächeln wieder da.
Respekt, ehrliche Freude stand in seinem Gesicht.

“Es ist mir eine Ehre euch persönlich kennenzulernen.
Eine Ehre das ihr euch mir zeigt,
dass ihr mich, neben euch,
zu einem dieser Beschützer zählt.“


Sein Blick war ernst,
mied jedoch,
wie es der Respekt gebot,
die Augen seines Gegenübers, als er fortfuhr.

„Ja, ich war damals hier,
habe die Stadt in Trümmern,
die Brände,
die pure Verzweiflung angesichts der Übermacht des Feindes, erlebt.

Wenn ihr etwas spezielles wissen möchtet, so fragt,
ich werde mein Bestes geben um Euch zu antworten“


Er betrachtete den „Jungen“, man konnte den Schmerz in seinen Augen deutlich erkennen.

„Wovon ihr kündet, gibt Grund zu großer Besorgnis.
Wenn ihr weitere Beschützer unserer Stadt sucht,
so dürft ihr mich zu euren Verbündeten zählen.“


Seine Hand vergrub sich in seinem ergrauten Bart.

“Ich bin erst kurz zurück, kann euch nicht viel mehr bieten.
Meine eigene Geschichte. Kooperation in der Zukunft.
Ich respektiere die Gesetze eures Blutes.“


Er lies eine kurze Pause.

„Im Gegenzug, würde ich gern mehr über eure Erkenntnisse im Osten erfahren.“

Re: [1259] Und Krakau atmete weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Mi Mai 21, 2025 1:29 pm
von admin
Das kindliche Gesicht Nikolais zeigte keine Überraschung über Bogdans Wandlung. Stattdessen huschte ein feines, zufriedenes Lächeln über seine Züge, als der Alte sich verbeugte und seinen wahren Namen offenbarte. Der Junge neigte leicht den Kopf, eine Geste, die bei einem Kind seiner vermeintlichen Jahre ungewöhnlich formell wirkte.

"Nikolai genügt für diese Begegnung," erwiderte er mit gedämpfter Stimme, während seine Augen den Platz nach unerwünschten Zuhörern absuchten. Die kindliche Fassade blieb sorgsam gewahrt, doch hinter der Maske des unschuldigen Knaben arbeitete ein sehr viel älterer Geist. Als Bogdan seine Unterstützung zusicherte, nickte der Junge zufrieden. "Es ist beruhigend zu wissen, dass Ihr die Gesetze respektiert. Das wird die Zusammenarbeit erleichtern." Seine Stimme wurde ein wenig leiser, fast verschwörerisch. "Was den Osten betrifft... Die Horde sammelt sich erneut. Batu Khan mag tot sein, aber sein Nachfolger Berke Khan blickt hungrig nach Westen. Meine... Freunde haben Nachrichten von immer größeren Truppenbewegungen." der Junge machte eine kurze Pause. "Krakau wird dieses Mal besser vorbereitet sein müssen. Die alten Schutzmauern werden nicht genügen. Wir brauchen andere... Verteidigungen."

Das Kind lehnte sich zurück, sein Ausdruck wieder spielerischer. "Natürlich würde ich Euch gerne mehr über meine Erkenntnisse mitteilen. Doch nicht hier, nicht jetzt. Man hat Augen und Ohren, selbst für jene, die sich in Kindergestalt zeigen." Er zwinkerte verschmitzt. "Wenn Ihr mir Eure Geschichte erzählt, biete ich Euch im Gegenzug Informationen. Es gibt ein bescheidenes Haus im älteren Teilen der Stadt. Wenn der Mond hinter Wolken verborgen ist, findet Ihr den Weg durch den Duft von Weihrauch und Myrrhe, der von der östlichen Mauer ausgeht. Folgt ihm, und Ihr werdet zu einem Ort gelangen, wo wir ungestört sprechen können."

Er lächelte wieder, diesmal mit einem Anflug kindlicher Neugier, der fast überzeugend wirkte. "Wie war es, verschüttet zu sein? Habt Ihr geschlafen, wie die alten Geschichten es sagen? Oder wart Ihr die ganze Zeit... bewusst?" Die Frage kam so unschuldig wie die eines echten Kindes, doch hinter ihr lag das Interesse eines Wesens, das Wissen sammelte.

Re: [1259] Und Krakau atmete weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Mi Mai 21, 2025 6:03 pm
von Bogdan
Der alte Mann, der jünger war als er aussah, ließ den Blick über den Rynek Główny streifen.
Er wirkte ruhig. Doch seine Gedanken wanderten.

Ob einer der Schatten zu jenen gehörte, von denen Nicolai gesprochen hatte?*
Vielleicht. Vielleicht auch nicht.

Seine Hand strich gedankenverloren über das warme Fell der Katze auf seinem Schoß.
Dann begann er zu sprechen. Leise, fest.

„Wir jagten einen ihrer Trupps.
Sie hatten die Stadt verlassen und sich in die Wälder zurückgezogen.“


Ein angedeutetes Lächeln, mehr Zahn als Freude.

„Keine gute Idee.
In Krakau loderten überall Brände.
Dort wären sie uns entkommen.“


Der Blick glitt in die Ferne, dorthin, wo das Land in Wälder überging.

„Draußen war es nur eine Frage der Zeit.
Wir stellten sie am Gaj Bogów.
Sie hatten eine alte Weide gefällt.
Wollten Feuer machen.“


Ein kaum merkliches Kopfschütteln.

„Die Alten mochten das nicht.
Vielleicht haben sie uns geschickt.
Unsere Rache, war auch ihre.“


Erneut das Lächeln, diesmal härter.

„Sie starben dort.
Fast alle.
Für das, was sie in Krakau angerichtet hatten.
Für ihren Verrat.“


Die Stimme klang ruhig. Nicht kalt. Aber ohne Zweifel.

„Ein paar flohen.
Einige haben mich vielleicht verfolgt.“


Der Blick wurde stumpf, der Ton still.

„Als die Sonne unterging, lag ich unter Balken und Trümmern.
Konnte mich nicht rühren.
Niemand wusste, wo ich war.“


Ein bitteres Schnauben.

„So endet man.
Nicht durch das Schwert.
Sondern durch Holz.“


Die Stirn legte sich in Falten.

„Die ersten Nächte waren schwer.
Dunkel. Eng.
Genug Zeit, um über Fehler nachzudenken.“


Die Stimme senkte sich weiter.

„Irgendwann ließ ich los.
Gab mich dem Schlaf hin.
Besser als Raserei.“


Er nickte. Langsam. Wie jemand, der einen alten Gedanken wiedergefunden hat.

„Wachte auf.
Raste.
Schlief weiter.
Dann kam Stille. Kälte. Gedankenlosigkeit.“


Der Blick ging nach oben, zum Wawel. Hoch über dem Platz.

„Als ich erwachte, waren 18 Jahre vergangen.
Der Feind war verschwunden.
Und Krakau – wiederauferstanden.“


Ein Lächeln, fast zärtlich.

„Wie ein Wunder.
Für mich ist es kaum Wochen her.
Doch die Stadt – sie hat es fast vergessen.“


Der Ausdruck wurde ernster.

„Um so wichtiger, das sich die Geschichte nicht wiederholt.“

Die Hände ruhten auf den Knien. Still.

„Den Rest der Geschichte, erzähle ich euch bei Weihrauch und Myrrhe.
Wenn niemand anderes zuhört.“


Dann, ganz zuletzt – ein Schalk im Blick.

„Wird schwer für euch, die Geschichte zu verkaufen,
wenn hier schon jeder mitgehört hat.“


*Nach Beobachtern suchen = 1 Erfolg

Re: [1259] Und Krakau atmete weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Do Mai 22, 2025 6:24 pm
von Gabriel
Gabriel ließ seine Schritte gemessen, aber sicher über das Pflaster des nächtlichen Marktes gleiten. Der Rynek Główny lag unter dem schweren Himmel wie eine schlafende Bestie – ruhig, doch voller Zeichen für jene, die wussten, worauf sie achten mussten.

Er suchte nicht nach direkter Gefahr, sondern nach Bewegungen, die Unruhe verraten könnten. Nach Spuren jener Unbekannten, die den südlichen Markt zu einem Ort des Flüsterns und der verborgenen Absichten gemacht hatten. Hier und da sah er Männer, die Stände sicherten, Augen, die sich in der Dunkelheit bewegten, aber nichts, das ihm sofort Grund zur Besorgnis gab. Und doch...

Ein Detail ließ ihn innehalten.

Am Rande des Marktplatzes saß ein Mann – ruhig, aber nicht allein. Mehrere Katzen hatten sich um ihn gesammelt, als gehörten sie zu ihm, als seien sie nicht nur Streuner, sondern Gefolge. Ein Kind sprach mit ihm, ein Junge, nicht älter als zehn, dessen Stimme gedämpft in der Nacht lag, als wäre dies ein Gespräch ohne Hast, ohne Nervosität.

Gabriel brauchte nur einen Moment, um sich zu erinnern.

Bogdan Radzimowicz. Neugeborener des Clans des Tieres.

Eine Begegnung wie diese war selten zufällig. Die Frage, ob es Schicksal war, spielte keine Rolle – sie waren beide hier, und Gabriel würde nicht weiterziehen, ohne mehr zu erfahren.

Der Markt, seine Sicherheitsstruktur, die mögliche Unruhe in der Stadt – all das trat für einen Augenblick in den Hintergrund.

Mit festen, aber nicht aufdringlichen Schritten näherte er sich der Szene. Keine Eile, kein unnötiges Schweigen. Er ließ sich in die Bewegung der Nacht einfließen, als würde er einfach dazugehören.

Nun galt es, herauszufinden, was genau ihn hierher geführt hatte.
Und warum Bogdan hier war.
Gabriel trat vor.
Die Nacht hielt den Atem an.