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Re: [1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Fr Jun 27, 2025 11:14 am
von Bogdan
Der Alte nickte langsam, als Gabriel sein Missfallen äußerte.
Sein Blick blieb in der Ferne, dorthin gerichtet, wo der kleine Nikolai verschwunden war.

„Das verstehe ich, werter Gabriel.“

Er schwieg einen Moment. Dann sprach er weiter – leise, aber bestimmt.

„Und doch ist es manchmal leider unvermeidbar.“

Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen.

„Nicht jeden Gedanken, den Ihr mit Eurem Bruder teilt, werdet Ihr auch mit mir teilen.“

Er hob beide Hände leicht an, öffnete sie, die Handflächen nach oben.

„Und auch ich kann nicht jedes Detail mit Euch teilen.“

Er wirkte nachdenklich.

„Die alten Geister dieses Landes sind frei.
Es steht mir nicht zu, zu entscheiden, wem sie sich zeigen.“


Sein Blick fand Gabriels Augen, gestatte ihm einen kurzen Blick in seine Seele.
Blickte selber in die Seele des Ventrues.

„Hätte ich seinen Wunsch missachtet,
hätte ich nicht nur ihn, sondern auch Euch – und mich – in Gefahr gebracht.“


Ein weiteres Lächeln folgte. Ruhig, aber nicht ohne Tiefe.

„Ich verstehe, dass Euch das fremd ist.
Doch wie Ihr selbst sagt: Das ist Krakaus Natur.“


„Die Geister des Landes sind das Land selbst – und umgekehrt.“

Er senkte den Blick kurz, dann sprach er weiter.

„Was oder wer Nikolai wirklich ist, kann ich nur erahnen.
Aber er hat uns Hinweise gegeben.“


„Er sagte, er sammle Geschichten.
Dass er sie nicht erzählen dürfe.
Dass wir zuhören sollen – den ungesagten Dingen.
Dem Flüstern an der Weichsel.“


Der Alte senkte den Kopf, demütig, fast ehrfürchtig.

„Und dass man, um zu hören, nicht nach Antworten suchen dürfe.“

Er zuckte kaum merklich mit den Schultern.

„Niemand hat je gesehen, was an der Weichsel flüstert.“

„Aber die Geschichten vom Flüstern der Weichsel sind alt.
Älter als diese Stadt.“


Ein leises, stilles Lächeln kehrte zurück.

„Es ist töricht, nach der Natur uralter Geister zu fragen.“

„Es war hier.
Es hat mit uns gesprochen.
Es hat sich offenbart.“


„Nicht viele von uns können das von sich behaupten.“

Re: [1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: So Jun 29, 2025 5:52 am
von Gabriel
Gabriel ließ die Worte auf sich wirken, wie man einer Melodie lauscht, deren Töne tiefer schwingen, als das Ohr vermag. Dann nickte er, einmal, ruhig.

„Werter Bogdan – ich erkenne an, dass Ihr Eure Gründe hattet. Und damit ist das Thema für mich beendet.“ Seine Stimme war ruhig, aber nicht gleichgültig – eher wie das Schließen eines Kapitels, das nun Platz machen sollte für das nächste.

Er betrachtete den Alten für einen Moment still, dann fuhr er fort: „Ich respektiere, dass Ihr die Natur Krakaus auf eine Weise versteht, die mir noch fremd ist. Sollte es etwas geben, das Ihr mit mir teilen könnt… ich wäre Euch sehr verbunden.“

Ein leiser Wind spielte mit dem Staub der Pflastersteine, trug ein leises Rascheln über den Platz.

„Ich werde für eine geraume Zeit in dieser Domäne verweilen. Und wenn ich ihr dienen soll, möchte ich sie begreifen – nicht nur durch Befehl oder Bericht, sondern durch das, was sie wirklich ausmacht.“

Er ließ den Blick dorthin wandern, wo der Junge – oder das Wesen – verschwunden war.

„Denkt Ihr nicht… werter Bogdan… dass Nikolai einer der Unseren ist? Einer, der den Fluch Kains in sich trägt, wenn auch verborgen?“

Er wartete kurz, dann fügte leiser hinzu: „Oder glaubt Ihr, er ist etwas anderes?“

Re: [1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: So Jun 29, 2025 7:24 pm
von Bogdan
Der Alte betrachtete Gabriel nachdenklich.

"Möglich" antwortete er.

"Letztlich ist es nicht entscheidend.
Wenn er einer der unsrigen wäre,
dann wäre er so alt,
so mysteriös,
dass er außerhalb der eigentlichen Ordnung der Domäne stünde."


Er lächelte: "Übertroffen, höchstens von der höchst verehrten Prinzessin."

Seine Hand legte sich auf sein Herz.

"Wenn nicht, ist er einer der alten Geister Krakaus und verdient den selben Respekt."

Sein in sein Lächeln schlich sich wieder der Schalk.

"Was denkt ihr ?"

Re: [1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Mo Jun 30, 2025 7:04 am
von Gabriel
Gabriel erwiderte Bogdans Blick eine Weile schweigend. In seinem Gesicht lag keine Ablehnung, doch der Schatten ernster Gedanken zeichnete sich ab.

„Ich denke…“ begann er schließlich, langsam, bedacht, „…dass ich gelernt habe, dass viele, die einst als Götter oder Geister verehrt wurden… in Wahrheit unseresgleichen waren. Entstellt durch Zeit, Macht oder Legende. Doch durchaus sterblich. Verwundbar.“

Er ließ die Worte einen Moment ruhen, als wollten sie selbst prüfen, ob sie Gewicht tragen durften in diesem Gespräch.

„Natürlich – jene, die älter sind, verdienen unseren Respekt. So wie jener… Nikolai. Doch warum sagt Ihr, er stünde *außerhalb* der Ordnung? Ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn jemand – oder etwas – *außerhalb* der Ordnung steht. Denn dort beginnt das Chaos. Und Chaos bringt nicht Geschichten, sondern Schrecken.“

Er ließ den Blick wieder zu dem Ort schweifen, an dem Nikolai verschwunden war.

„Wenn es ein Geist ist – soll er wandeln. Wenn es ein Kainit ist – soll er sich zeigen. Aber kein Wesen, gleich wie alt, sollte sich über die Ordnung stellen dürfen, die wir aus Blut und Eid formen.“

Dann schaut er Bogdan wieder an.

„Und wenn es ein solches mächtiges Wesen ist, warum sagt ihr dann, dass der höchst verehrte Prinz, eine Ancilla, es übertrift?“

Re: [1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Do Jul 03, 2025 12:26 pm
von Bogdan
Bogdan schwieg eine Weile.

Dann – in der Art wie jemand,
der nicht widerspricht,
sondern etwas hinzufügen möchte – hob er den Kopf leicht an.

Seine Stimme war ruhig.
Ohne Eile.

„Es war einmal ein Fuchs.
Er lebte sein ganzes Leben in einem Tal – zwischen Brombeerhecken, Wurzeln, und Kaninchenpfaden.
Er kannte jeden Stein. Jeden Geruch. Jede Bewegung im Unterholz.“

Ein Atemzug.
Die Hände ruhten reglos in seinem Schoß.

„Er glaubte, das Tal sei die Welt.
Als der Boden bebte und ein Brüllen aus der Ferne kam, sagte er: ‚Ein Erdrutsch. Ein Unwetter.‘
Er rannte auf den höchsten Hügel, doch sah nichts.
Er fragte die Raben – doch die schwiegen.
Er legte das Ohr an die Erde – und sie zitterte.“


Ein schmaler Blick in die Schatten – dorthin, wo niemand stand.

„Was er nicht wusste: Hinter dem Berg lag ein anderer Berg.
Und in ihm bewegte sich ein Drache.
Ein alter Geist, der das Land atmete, seit es Land war.“


Ein leises Knacken seiner Finger, als hätte er sich daran erinnert, wie alt das alles war.

„Der Fuchs konnte den Drachen nie sehen.
Nie begreifen, was er war.
Und doch bewegte sich alles – das Wetter, die Vögel, selbst das Wasser – nach dessen Atem.“


Dann – ein kurzer, fester Blick zu Gabriel.

„Ich bin wie der Fuchs.
Ich sehe Spuren. Ich höre Stimmen.
Aber ich kenne den Drachen nicht.“


„Ich weiß nur:
Wenn sich ein alter Geist des Landes bewegt,
dann bewegt sich alles.“


Ein Moment Stille.
Dann mit ruhiger Überzeugung:

„Man muss es nicht verstehen.
Aber man sollte es respektieren.“


Er lächelte.

"Die Ordnung in die wir leben, ist sinnvoll, es ist gut sie zu waren.
Doch sie ist wie ein Berg. Hier unten, wo wir stehen, können wir ihn nicht überblicken."

Re: [1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Do Jul 03, 2025 12:40 pm
von Gabriel
Gabriel nickte langsam, wie jemand, der ein Gleichnis erkennt und seine Schönheit würdigt – auch wenn er es nicht uneingeschränkt teilt.

„Ein Fuchs, sagt Ihr?“ Seine Stimme klang ruhig, beinahe neutral, doch darin lag ein feiner Ton von Anerkennung. „Ein sehr passendes Bild für euch. Ihr seid ein alter Fuchs, werter Bogdan – einer, der gelernt hat, sich zwischen Wurzeln und Schatten zu bewegen. Einer, der unterschätzt werden will. Einer, der nicht auffallen will.“

Gabriels Blick blieb auf dem Alten ruhen.

„Aber in Euch steckt mehr, als die meisten sehen würden, wenn sie nur an Euren Pfotenabdrücken messen, was Ihr seid.“

Ein kurzer Moment der Stille, dann trat seine Stimme etwas fester hervor – nicht drängend, aber fragend:

„Eine schöne Geschichte. Und ich verstehe, was Ihr mir sagen wollt. Doch...“

Er senkte leicht den Kopf, als wolle er einen Gedanken mit Fingerspitzen berühren.

„…Ihr habt mir dennoch nicht gesagt, warum Ihr glaubt, dass ein Wesen wie jenes – ein alter Geist, dessen Atem die Welt bewegt – vom höchst verehrten Prinzen übertroffen wird. Einer Ancilla.“

Gabriel ließ den Blick offen. Nicht fordernd. Aber auch nicht ausweichend.

Re: [1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Do Jul 03, 2025 1:21 pm
von Bogdan
Wieder lächelte der Alte.

"Ihr habt einen scharfen Verstand, werter Gabriel."

Seine Hand strich über seinen Umhang, schien nach der Antwort zu tasten.

"Ich denke, weil eben das der Teil der Ordnung ist, an dem es mir nicht zusteht, zu zweifeln.
Die Prinzessin ist eben die Prinzessin, sie mag Gründe und Verpflichtungen haben die sie an andere binden.
Die sie verpflichten. Doch es ist nicht an mir dies zu durchschauen.
Sie ist die Prinzessin und als solche unantastbar."


Er lächtelte, betrachtete den Anderen ohne seine Augen zu treffen.
War gespannt welche Schlüsse er daraus ziehen würde.

Re: [1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Do Jul 03, 2025 1:49 pm
von Gabriel
Gabriel schwieg einen Moment, als wollten seine Gedanken sorgsam gesetzt werden, ehe sie Worte wurden. Dann nickte er langsam, in stiller Zustimmung.

„Ja, werter Bogdan – der Prinz ist der Herr der Domäne. Das ist die Ordnung. Und die Ordnung zu achten, bedeutet, das Band zu bewahren, das uns in Nächten wie diesen noch zusammenhält.“

Er hob den Blick, betrachtete Bogdans Profil mit ruhiger Ernsthaftigkeit.

„Doch selbst eine Krone steht nicht allein. Ihre Macht ruht auf einem Fundament – aus Eide, Geschichte, Gesetzen… und auch jenen Dingen, die nicht ausgesprochen, sondern nur gespürt werden.“

Er ließ die Worte sacht verklingen, bevor er weiterführte:

„Verstehen zu wollen, was dieses Fundament ausmacht – bedeutet nicht, die Ordnung in Frage zu stellen. Im Gegenteil. Besonders, wenn alte Wesen ihr Flüstern einweben in die Wege der Stadt.“

Ein flüchtiger Blick in die Dunkelheit. Als sähe er dort etwas – nicht mit den Augen, sondern mit dem Wissen um das, was sich bewegt, ohne je aufzuschrecken.

„Ob es der alte Drache ist, das Flüstern der Weichsel… oder andere, die noch keinen Namen geformt haben – wer sie kennt und versteht, ist vorsichtiger. Klüger. Und vielleicht auch länger standhaft.“

Dann wandte er sich wieder Bogdan zu. Seine Stimme blieb ruhig, aber mit fester Achtung.

„Der Fuchs, den Ihr beschreibt – ist ein schönes Bild. Aber Ihr seid mehr als das. Mehr als Fährten und Schatten. Ich sehe einen Mann, der mehr erkennt, als er spricht. Und der sich dafür entscheidet, nicht aufzufallen – nicht aus Schwäche, sondern aus Klugheit.“

Ein leises Nicken folgte, ohne Pathos, aber mit Tiefe.

„Ich respektiere das. Und ich verstehe, dass Ihr vorsichtig seid. Weil Ihr sehr genau wisst, was Worte in solchen Nächten bedeuten können. Und wo Politik beginnt – und Vertrauen endet.“

Re: [1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Do Jul 03, 2025 5:55 pm
von Bogdan
Auch der Alte nickte dankbar.

"Das ist ein schönes Kompliment werter Gabriel.
Auch ich schätze euren Geist und eure Geradlinigkeit."


Er lächelte, blickte in die Ferne.

"Wir werden sehen, welcher Berg in Zukunft noch bestiegen und welches Tal überblickt wird."

Re: [1259] Und Krakau atmet weiter [Bogdan, Offen]

Verfasst: Mo Jul 07, 2025 7:36 am
von Gabriel
Gabriel nickte leicht, das Kinn ein wenig gesenkt.

„Das gebe ich gern zurück, werter Bogdan. Wir werden sehen, was kommt – die Zeit wird es weisen.“

Er ließ den Blick einen Moment in die Ferne schweifen, dorthin, wo die Nacht keine Geschichten mehr erzählte, sondern einfach nur war.

„Ich denke, es ist Zeit, weiterzuziehen. Ich danke Euch für das Gespräch – und für die Ruhe, die Ihr ihm gegeben habt.“

Ein letzter, kurzer Blick.

„Ich hoffe, dass die Nächte es gut mit Euch meinen, bis wir uns wiedersehen.“