[1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

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Agnellina
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

„Die habe ich gesehen.“, erinnerte sich Agnellina an die beschriebenen Stelen.
„Zeigt mir bitte die alten Götter dieser Lande.“, forderte sie zugewandt zu fremden Ideen auf. Die Gangrel war dem christlichen Glauben entfremdeter, als es die Abkömmlinge hoher Geblüter vielfach waren. War dies verwunderlich in einer Blutsfamilie, deren Sitten als rauh, bald barbarisch galten und die das Gestern und das Geschehene in Geschichten bewahrten? Agnellina hatte eine gute Portion Realismus mit der roten Muttermilch verabreicht bekommen und ihr sterbliches Weltbild war nach der zweiten Geburt grob zerschlagen worden. Zwischen dem Wechselspiel der wilden Natur und dem ewigen Hunger nach Blut war wenig Platz für einen Verdammnis drohenden Gott. „Ich kenne diese Haine und Quellen. Zeigt mir bitte, wie das Land dort spricht. Wenn Ihr heute für Euer Volk diese Riten vollzieht, so will ich gern warten. Erlaubt mir, Teil zu haben. Ich will Euch nicht stören und abhalten. Ich kann mich unter die Sterblichen mischen oder still und ungesehen wie eine Motte dem Treiben in der Dunkelheit folgen.“
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Marzanna
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

"Nun, gut, wenn du es denn möchtest. Aber erwarte nichts Bombastisches wie die Domfestspiele oder die Carne Vale der Christen.
Es ist nur ein kleines Dankesfest im Licht des Mondes."

Sie schritt mit der Gangrel in den Obstgarten zwischen äußerer und innerer Mauer. Eine alte Holzfigur mit drei Gesichtern stand dort.
"Die Priester denken, es sei eine Vogelscheuche und die, die es besser wissen, denen erzählt man, ja, es ist ein Abbild der alten Götter, aber man demütigt sie, in dem man sie zu Vogelscheuchen gemacht.
Dabei musst du wissen, dass der Segen, den sie bringt, die Vögel die Saat verschonen lässt. Man lügt die Priester also gar nicht an."

Ein Korb voller Früchte und Gemüse stand vor dem Holzpfahl, den Marzanna aufnahm und zum Tor der Festung trug. Menschen warteten schon, Jung und Alt, hochgestellt und Tagelöhner. Alle hatten sie Blumen im Haar und einfache Gewänder mit den alten Mustern der Slawen. In der Ferne im Dorf sah man Pferde und Ochsen stehen, auch mit Blumen geschmückt und bemalt. Musik war zu hören, Trommeln, Schalmeien und Dudelsäcke.
Freudenfeuer loderten und Pferde wurde über geschmiedete Lanzen geführt. Und manch anderer unverständlicher Brauch wurde abgehalten.

Der Christenpriester, gestellt von dem Domherrn, dem das Dorf ja gehörte, war auch dort und segnete das Vieh und die Früchte der Gärten und Felder.
Es gab ein Stillschweigen über die Ausschweifungen, die nicht im Namen des Christengottes vollzogen werden würden, wie es schien.

Marzanna setzte eine hölzerne Maske auf, die grimmig wirkte und auch Tänzer in Fellkostümen und ähnlichen Masken begannen wild zur Musik zu tanzen und selbst Lärm zu machen. Strohpuppen von Pferden und Reitern, die an die Mongolen erinnerten, wurden umhergetragen und in die Freudenfeuer geworfen. Die Tiere zwischen den Feuern hindurchgetrieben.

Marzanna blieb den lodernden Flammen fern, symbolisierte sie ja die Mutter der Nacht. Es gab keine Predigten, keinerlei Anrufungen und Nennen von Namen, die unter den Christen verboten waren. Aber jeder spürte, dass archaische Mächte hier verehrt wurden in wildem Reigen.

Und dass eine dieser Mächte manifest unter den Menschen wandelte.
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Agnellina
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina folgte Marzanna nach draußen. Ohne das Gefolge an Marzannas Seite, ohne den hundeköpfigen Krieger und den speichelleckenden Burgherren und ohne die restlichen Wachen, die beim letzten Besuch noch im Dunstkreis der Adligen Räume und Gänge säumten und ihre Schritte begleiteten - ohne all diese Augen und Personen, da schloss die Gangrel etwas näher auf. Sie ging nicht an der Seite der Adligen, aber sie folgte etwas versetzt auf dem Fuße. Bewusst oder instinktiv hielt sie sich in einem Winkel, welcher es Marzanna ermöglichte, ihre Bewegungen aus dem Augenwinkel zu verfolgen. Sie selbst hatte kein blindes Vertrauen und forderte es auch nicht von ihrer Gastgeberin, indem sie sich in ihren Rücken begab. Ohne Plapperei folgte sie durch die Gänge nach draußen, derweil ihre Augen voller Neugier und Interesse den Weg entlang wanderten.

Draußen sah sie sich die dreigesichtige Pfahlfigur an, sagte aber nichts dazu. Sie ließ Marzanna den Korb tragen ohne ihre Hilfe anzubieten und hielt sich zurück. Als sie zum Tor gingen und das Spektakel begann, zog sich Agnellina zurück in die Schatten zurück und beobachtete das Treiben still.

Irgendwann später entdeckte Marzanna sie mitten im Fest. Zwischen den gemusterten Gewändern wirkte sie eher wie ein unscheinbares Drosselweibchen. Doch die Gangrel hatte sich vollkommen vom Fest mitreißen lassen. Einer beinernen Flöte entlockte sie Töne, die sich sanft und fröhlich zwischen den dumpfen Dudelsackquaken und den scharfen Klängen der Schalmeien einschmiegten. Das Spiel war nicht aufdringlich oder hervorstechend. Sie fügte sich ein und ihre Augen verrieten, dass sie Freude daran hatte, einfach einen Teil der Musik zu schaffen.
Auch am Tanzen hatte Agnellina eine sichtbare Freude. Die Sprünge und Tritte, das Hüpfen und die Kreise der Bauerntänze waren ihr nicht fremd. Mal hier, mal dort war sie dazwischen, immer hübsch von den Feuern entfernt. Sie war geschickt und grundlegend eine passable Tänzerin, doch hier zeigte sich, dass sie mit den Eigenarten des hiesigen Ortes oder der Zeit nicht vertraut war. Hier und da drehte sie sich anderes als die übrigen Leute oder war den Schritten und Figuren etwas hinterher. Das tat ihrer hingebungsvollen Beteiligung keinen Abbruch. Agnellina ließ sich von Rhythmus und Bewegung tragen.
Und sicherlich blieb ihre Kehle über die Nacht hinweg in dem wilden Treiben und mit den nachtdunklen Ecken, in die sie sich zurückzuziehen wusste, nicht trocken und so kam auch Agnellina in den Genuss von Blut, welches dem gewürzten Bier zugesprochen hatte.


***


Flötenspiel: Charisma + Vortrag (mit Spezialisierung) - 7 7 5 4 -> 2 Erfolge
Tanzen: Geschick + Vortrag (mit Spezialisierung) - 9 8 4 2 1 -> 1 Erfolg
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Marzanna
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Marzanna beobachtete ihren Gast genau und lächelte zufrieden. Agnellina wurde eins mit den Feiernden und ehrte das Land, dem alle alles verdanken.
Das sah sie nur zu gerne und das respektvolle und dezente Speisen der Gangrel fiel ihr besonders wohlwollend auf.

Einer der Blutvasallen Marzanna schien von der animalischen Anziehungskraft der Angellinas besonders angetan. Der Führer der Söldner mit seinem Hundehelm. Hier trug auch er nur Festtagskleidung und einzig das Schwert als Zeichen seines Standes.
Er drängte Agnellina trunken zum Tanz und sah aus, als würde er den Genuss des vampirischen Kusses ersehnen.
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Agnellina
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

Jagna - wie sie sich nannte, wenn ein Mensch sie nach ihrem Namen fragte - ließ sich nichts anmerken oder erkannte Marzannas Hund ohne seine Rüstung und das markante Visier seines Helmes nicht. Nun schenkte sie ihm ein fröhliches Lächeln und ließ sich ohne große Mühe auffordern. Solange er sich an die grundlegenden Höflichkeitsformeln hielt, entzog sie sich ihm nicht. Sie legte ihre nachtkalte Hand leicht und ohne Fassung und Druck auf seine angebotene Handfläche. Solange er sie frei führte, ließ sie sich führen. Eventuellen trunkenen Übergriffigkeiten wie einem besitzergreifenden Daumen, der die Fassung zu schließen versuchte, entzog sie sich geübt und keusch.
Ohne Handfassung tändelte sie freundlich mit ihm, hüpfte und trat ihm zugewandt. In den lebhaften Tänzen bewegte sie sich leicht und unbeschwert im Takt. Erforderte der Kreistanz eine Handfassung, verhielt sie sich angemessen für eine ungebundene junge Frau, senkte züchtig den Blick. Sie knickste ihre Referenzen ihm zu, drehte sich ihm halb zu, knickste erneut, drehte sich wieder zurück. Die Muster zum Klatschen schaute sie sich bald ab, sprang mit kreuzgefassten Händen mit ihm in Tanzrichtung des Kreises weiter. Dabei fragte sie ihn irgendwann nach seinem Namen. Sie plauderte unverbindlich, so er das Gespräch führte.
Die Nähe des Kusses selbst erlaubte sie erst in der Dunkelheit fern der Tänzer und der Feiernden am Rande des Festes.
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Marzanna
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Bei ihrer vampirischen Anziehungskraft war er ihr schnell verfallen. Jaroslaw hieß er. Jaroslaw Bratowitch. Diesen Namen hatte sie gehört bei den Sterblichen, unter die sie sich gemischt hatte.

Es war der Name des Kriegers mit dem Hundevisier, der neben einer Söldnertruppe auch tatsächlich die Jagd- und Kriegshundemeute von Ritter Radwan, dem Herrn von Rudawa, befehligte.

In der Tat war Joroslaw ohne Rüstung zwar immer noch ein muskulöser und wild dreinblickender Gesell, aber nicht ganz so furchteinflössend. Selbst wenn die Augen mit einem wilden Feuer leuchteten und das Grinsen unter dem Bart wölfisch wirkte.

Er war zugegen gewesen, als sie mit Marzanna Hof hielt. Er wusste, wer und was sie war. Aber anders als gemeine, abergläubische Sterbliche hatte er keine Furcht vor dem untoten Monster. So wenig, wie er seine monströsen Kampfhunde fürchtete.
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Agnellina
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

In der Dunkelheit erlebte er das untote Monster als vorsichtig. Ihr Biss war sanft, die Zähne drückten sich beinahe behutsam von einem tatsächlichen Kuss tief in das Fleisch und durchbrachen Haut und Muskeln auf ihrem Weg zu den Adern. Sie gab es tatsächlich Mühe, es angenehm für Jaroslaw zu machen und ihren Biss in der Intensität von Küssen zu verstecken.
Nach den ersten zärtlich geraubten Tropfen wurden die ersten Schlucke ungestümer und gieriger. Die Seite, die er als animalisch und anziehend empfunden hatte, war sehr viel direkter und unerbittlicher. Der innere Kampf zwischen Lust und Fassung, der gleichsam bei jedem Nähren tobte, spielte sich im Trinken ab. So war das wilde, ewig hungrige Tier in Agnellina zunächst ganz vorn und zerrte sich sein Futter aus dem Biss. Die Seele, die noch immer kraftvoll versuchte, dieses unheilige Wesen an der Leine zu halten, zerrte und rang an der Fassung, erkämpfte sich die Oberhand und teilte das notwendige gerechter ein. Etwas für den ewigen Hunger - nie genug für diese Seite - und wenig genug, damit das Herz des Menschen zwar schneller schlug und sein Besitzer ermattet wurde, doch nicht stolpernd und ausgezehrt zum ewigen Erliegen kam. Das wilde, gierige Saugen wurde ein weniger kraftvolles Ziehen am Blutstrom, mehr Arbeit mit der Zunge als den Zähnen, als die sinnige Seite sich aus dem Rausch hervor kämpfte. Wie viel hatte ihm der Kampf gekostet? Sie hatte einiges in der ersten Gier aus ihm herausgerissen und auch das lustvolle Genuckel kostete ihm noch einmal eine gute Portion seines Lebenssaftes.
So würde der Genuss wohl eine deutliche Schwäche im Körper und Schwindel im Kopf zurücklassen. Auf den eigenen Beinen würde er wohl bald in seine Schlafstatt taumeln - vielleicht stützt von einem guten Freund oder Vertrautem, der ihm auf den Weg nach dem Rausch geleiten würde.
Jagna zumindest führte ihn zurück in die Helligkeit des Festes und verabschiedete sich mit einem Dank für das Tanzen von ihm, bevor sie sich von ihm zurück zog.
Zuletzt geändert von Agnellina am Sa Mär 08, 2025 1:14 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Marzanna
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Marzanna nickte zufrieden eher zu sich selbst, als sie sah, wie ihr Gast gespeist wurde. Sie würde Jaroslaw belohnen müssen für diese zuvorkommende Behandlung ihres Ehrengastes.

Nun konnte sie sich selbst dem Tanze und dem Speisen widmen. Ihre Zofen waren bereit dafür und gaben sich dem Feste ausgelassen hin, um ihr Blut mit der Resonanz von Freude und Lust zu füllen.
Marzanna fühlte sich eins mit ihren Untertanen und dem Land, als erschöpft und glücklich keuchend ihre Zofen in den Schlaf fielen.

Als der nahende Morgen das Ende des Festes kündete, zog auch sie sich zurück, um in der roten Heimaterde zu schlummern und zu träumen.
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Agnellina
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina verließ Fest und Burg wesentlich früher und verkroch sich an einem ihrer Schlafplätze außerhalb der Siedlung um die Trutzburg.


Es dauerte zwei Nächte, bis sie nach dem Fest zurückkehrte und sich durch die Torwache ankündigen ließ. Während sie wartete, fragte Jagna die zurückgebliebene Wache nach dem Namen und nach seiner Arbeit. Kleine Plauderthemen, die Interesse zeigten, einer Ablehnung des Gespräches aber auch unverfänglich zuließen. Danach lenkte sie ihre Neugier auf den Hundeführer Jaroslaw, ob die Wache ihn kannte und welchen Ruf der Mann wohl hätte.
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Marzanna
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Re: [1258] Zwischen Adelstrutz und Mäusenest [Agnellina, Marzanna]

Beitrag von Marzanna »

Der Mann, ein alter Veteran mit weißem Schnauzbart und vielen Falten im wettergegerbten Gesicht, der Tadeusz hieß, machte ein Kreuzzeichen "Hauptmann Bratowitch, meinst du? Der mit dem du getanzt hast beim Fest?
Verdammter Teufelshund, jähzornig wie sieben Russen! Halt dich lieber von ihm fern, Mädchen! Der macht es unchristlich wie seine Hunde und die Mongolen, wenn du verstehst. Außerdem mag er seine Hunde auch viel lieber als jeden Menschen, sagen die Leute. Aber das hast du nicht von mir. Wie gesagt, jähzornig wie sieben Russen.

Aber er versteht was von der Jagd. Kein Wolf oder Bär oder Wildhund belästigt Reisende in unserer Gegend. Als wüssten die Viecher, dass ein Bratowitch im Lande ist. Die ganze Familie von denen gilt als Freischütz im Volksmund. Der Teufel selbst soll ihnen unnatürlich langes Leben gegeben haben und dass ihre Schüsse nie fehlgehen."
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