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Re: [1258] Ein nächtliches Willkommen [Alexander, Natalia, SL]

Verfasst: Fr Apr 04, 2025 1:38 pm
von admin
Als Alexander sich zur Tür wandte, erstarb jedes Geräusch in den Tuchhallen. Die wenigen Talgkerzen flackerten kurz, als hätte ein unsichtbarer Windhauch den Raum durchzogen. Dann, präzise und gemessen, erklangen Schritte jenseits der Dunkelheit. Nicht schwer oder dröhnend, sondern mit der ruhigen Beständigkeit eines Mannes, der genau wusste, was sein war und was ihm zustand.

Aus dem Schatten trat eine eher kleine Gestalt, deren Präsenz jedoch den Raum zu füllen schien. Konrad von Aupfholm bewegte sich mit der selbstverständlichen Autorität eines Kaufmannsherren, der ein Jahrhundert an Erfahrung und Macht hinter sich wusste. Sein graues Haar und der volle, ebenfalls ergraute Bart umrahmten ein Gesicht von charakteristischer Ventrue-Blässe. Seine durchdringend blauen Augen fixierten Alexander – der taxierende, wertende Blick eines Händlers, der den Preis einer Ware auf Heller und Pfennig zu schätzen vermochte.

Seine Kleidung – ein Lederwams und Lederhose von offenkundiger Qualität – sprach die Sprache eines Mannes, der wahren Wert zu schätzen wusste: maßgeschneidert, aber ohne überflüssigen Prunk. Der praktische Umhang, der seine Gestalt teilweise verhüllte, war leicht zurückgeschlagen, sodass der Dolch an seiner Seite sichtbar wurde – kein Schmuckstück, sondern das Werkzeug eines Mannes, der die Gefahren der Handelswege kannte. Der schwere Siegelring an seiner bleichen Hand glänzte im Kerzenlicht, während die schlichte Silberkette um seinen Hals bei jeder Bewegung leicht schimmerte.

Die Brüder Wierzynek senkten respektvoll die Köpfe, während Natalia ihm einen knappen, aber bedeutungsvollen Blick zuwarf. Konrad nickte ihr anerkennend zu, bevor er seinen Blick wieder auf Alexander richtete. "Ich fürchte, Ihr habt unsere Unterredung missverstanden, junger Herr", sagte Konrad mit bedächtiger Klarheit, jedes Wort wie eine Münze wägend. Sein deutscher Akzent war unverkennbar, doch er beherrschte die Sprache der Macht mit vollendeter Sicherheit. "In Krakau verlässt niemand ein Gespräch, das ich noch nicht für beendet erklärt habe."

Er trat näher, ohne dabei seine Haltung zu verändern oder die Stimme zu erheben. Er brauchte keine körperliche Größe – seine Autorität war eine Frage der Präsenz, nicht des Körperbaus.

"Ihr kommt in diese Stadt", fuhr er fort, jedes Wort präzise und kalkuliert, "Ihr sprecht meine Händler an, ohne Euch vorzustellen oder um Erlaubnis zu bitten." Seine blauen Augen schienen Alexander bis ins Mark zu durchdringen. "Ihr behandelt andere mit Missachtung." Er hielt inne, ließ die Worte wirken wie einen guten Wein, der Zeit braucht, um sein volles Aroma zu entfalten. "Und dann maßt Ihr Euch an zu entscheiden, wann dieses Gespräch endet?"

Konrad blieb vor Alexander stehen, die Hände ruhig vor sich gefaltet, den Siegelring deutlich sichtbar. "Vielleicht kennt Ihr die Gepflogenheiten nicht, die in der Domäne eines Anderen gelten. Oder vielleicht glaubt Ihr, dass Traditionen, die seit Jahrhunderten bestehen, für Euch keine Gültigkeit haben." Ein kühles Lächeln umspielte seine Lippen, erreichte jedoch nicht seine Augen. "Beides wäre ein kostspieliger Irrtum."

Er machte eine kleine, präzise Geste mit der Hand. Die Türen der Tuchhallen schlossen sich mit einem sanften, aber bestimmten Klang.

"Nun, da wir ungestört sind, sollten wir vielleicht noch einmal von vorne beginnen. Mit der angemessenen... Etikette." Er deutete auf den Stuhl, den Alexander gerade verlassen hatte. "Setzt Euch."

Die Worte waren leise gesprochen, doch sie trugen die unumstößliche Gewissheit eines Mannes, der gewohnt war, dass man seinen Befehlen folgte. Die war keine Bitte.

Re: [1258] Ein nächtliches Willkommen [Alexander, Natalia, SL]

Verfasst: Fr Apr 04, 2025 2:53 pm
von Alexander
"Werter Herr, vielleicht erinnert ihr euch, das wir keinerlei Unterredung führten, ihr habt den Raum gar gerade erst betreten oder irre ich? Wenn ich an eine Tür klopfe, sollte es dem Hausherrn vorbehalten sein mich hereinzubitten, meint ihr nicht? Wie kann es dann sein, dass es eure Untergebenen waren, die mich eingeladen haben und nicht ihr? Erklärt mir bitte, warum es mir nicht gestattet ist, fruchtlose Verhandlungen mit einer Gesprächspartnerin, die meine Ware nicht kennt und nicht einmal bekundet ein Interesse daran zu haben ihre Art zu erfahren, nicht beenden darf? Es wäre respektlos ihrer Zeit, wenn ich bliebe, meint ihr nicht?" der Ton Alexanders war kälter als der Winter nördlich der Memel geworden: "Es wäre mir auch nicht bekannt, dass die Tradition einem Fremden, dessen Untergebene mich hereinbaten, gestattet, mich festzusetzen, aber ihr dürft mich stets eines Besseren belehren. Vielleicht besäßet ihr jedoch die Freundlichkeit mir zur erklären, wie ihr gerne kontaktiert worden wärt oder inwiefern der Begriff Einfältigkeit nicht Jene beschreibt, die ein Urteil zu treffen, ohne jegliche Information gesammelt zu haben?" Alexander machte einen leichten Knicks, bedacht darauf die Augen des Mannes zu meiden und setzte einen weiteren Schritt in Richtung der Tür.

Re: [1258] Ein nächtliches Willkommen [Alexander, Natalia, SL]

Verfasst: Fr Apr 04, 2025 6:01 pm
von Natalia
Natalia hatte den Auftritt von Konrad zwar erwartet, aber nicht jetzt schon kommen sehen. Andererseits war er genau richtig gekommen. Etwas was der Ancilla sicher genauso beabsichtig hatte. Auch, wenn sie sich nicht vorstellen konnte, dass er geahnt hatte, dass Alexander einfach aufstehen und gehen würde. Von Etikette hatte der junge Mann offenbar auch noch nie etwas gehört. Sie nahm einen weiteren Schluck aus dem Weinbecher, als die Türen der Tuchhallen sich schlossen und somit das Innere noch mehr in Dunkelheit hüllten.

Die Ansprache Konrads verfolge sie mit steigendem Interesse. Sie hatte versucht ihn zu warnen. Aber leider war Alexander nicht lange genug geblieben, um ihr Angebot zu hören. Es wäre ein gutes Angebot zur Zusammenarbeit gewesen. Jetzt war seine Verhandlungsmasse gerade um etwa die Hälfe geschrumpft.

Belustigt hob sie eine Augenbraue, als sie sah wie der junge Gast tatsächlich versuchte das Gespräch trotzdem zu beenden. Das würde noch eine interessante Nacht werden und das Beste daran. Sie hatte einen Platz in der ersten Reihe und etwas zu trinken!

Re: [1258] Ein nächtliches Willkommen [Alexander, Natalia, SL]

Verfasst: Fr Apr 04, 2025 10:34 pm
von admin
Der graubärtige offenbare Deutsche beobachtete den jungen Kainiten mit der gelassenen Miene eines Mannes, der schon lange Zeit solche Auseinandersetzungen erlebt hatte. Kein Zucken, keine Regung verriet seine Gedanken – nur der kühle, wägende Blick seiner blauen Augen folgte Alexanders Bewegungen, während er ihn ausreden ließ. Als Alexander seinen Schritt zur Tür machte, verschränkte Konrad lediglich die Hände vor sich, der Siegelring deutlich sichtbar – ein stilles Symbol seiner Autorität, das keine weiteren Gesten benötigte.

"Eine bemerkenswerte Fehlkalkulation", sagte der ältere Händler schließlich, seine Stimme ruhig und geschäftsmäßig, als würde er über eine misslungene Investition sprechen. "Ihr scheint zu glauben, dass Eure... Freiheit... ein Gut ist, das Euch zusteht, anstatt ein Privileg, das Euch gewährt wird." Er nahm seinen Platz am Tisch ein, bedeutete den Brüdern Wierzynek mit einer knappen Geste, sich zurückzuhalten. Seine Haltung war die eines Mannes, der keine körperliche Bedrohung brauchte, um seine Macht auszuüben. "Ihr seid in die Kontore meiner Händler getreten, habt nach Geschäften gefragt, die unter meinem Schutz stehen. Und nun seid Ihr überrascht, dass der Faden, an dem Ihr so unvorsichtig gezogen habt, zu mir führt?" Ein kühles Lächeln umspielte seine Lippen. "In Krakau bewegt sich kein Handelsgut ohne mein Wissen."

Mit ruhigen Bewegungen nahm er einen Becher Wein auf und betrachtete ihn nachdenklich, bevor er fortfuhr: "Eure... Dame de Medici hat durch ihre Fragen in der Stadt Aufmerksamkeit erregt. Aufmerksamkeit, die nicht nur die meinen, sondern auch die der Kirche hätte wecken können." Er ließ diese Worte wirken, ein deutlicher Hinweis ohne direkte Drohung. "Ein unvorsichtiges Wort, ein zu forsches Nachfragen in den falschen Kreisen, und plötzlich interessieren sich gefährliche Leute für einen fremden Händler und seine ungewöhnlichen nächtlichen Praktiken." Konrad sprach diese Worte beinahe beiläufig, als teile er lediglich eine belanglose Beobachtung mit. "Es war keine Einladung, die meine Händler Euch aussprachen. Es war eine Vorladung. Ein Unterschied, den Ihr offenbar noch lernen müsst", fuhr er fort. "Was Ihr für Eure Ware haltet, ist, im für Euch besten Falle, in meinen Augen nichts als wertloser Tand. Oder eben Schmuggel in meiner Domäne." Der Händler stellte den Becher bedächtig ab und hielt inne, seine Stimme wurde leiser, während er nachdenklich die rote Flüssigkeit in dem Becher musterte und fast schon im Plauderton ergänzte: "Ja, die Tradition gestattet mir durchaus, Fremde, die ohne angemessene Vorstellung in meine Domäne eindringen, festzusetzen. Mehr noch, sie gestattet mir, sie zu ...richten." Das letzte Wort hing schwer in der Luft.

"Lasst mich Euch eine Lektion in Handelspolitik erteilen, die Euch Eure Mutter offenbar vorenthalten hat", fuhr der kleine ältere Händler fort, jedes Wort mit der Schärfe eines Messers. "Erstens: Jeder Markt hat seine eigenen Regeln. Wer diese missachtet, zahlt den höchsten Preis. Zweitens: Bevor Ihr eine Ware anbietet, müsst Ihr Euren eigenen Wert kennen. In diesem Moment, junger Herr, ist Euer Wert – sagen wir – stark im Sinken begriffen. Und drittens: Ein kluger Händler weiß, wann er einen Markt nicht betreten sollte, ohne die Gunst des Marktherren zu besitzen." Seine Augen, klar und durchdringend wie ein Wintertag in den Karpaten, fixierten Alexander mit unerbittlicher Intensität. "Seid versichert", sagte er, und nun senkte sich seine Stimme zu einem Flüstern, das dennoch jeden Winkel des Raumes zu erreichen schien, "dass jeder Schritt, den Ihr zur Tür macht, Euch nicht der Freiheit näherbringt, sondern Euren Preis senkt. Und wie jeder erfahrene Kaufmann weiß: Waren ohne Wert werden... entsorgt."

Mit einer fast beiläufigen Bewegung zog der Alexander unbekannte Mann seinen Siegelring vom Finger – ein schweres Stück aus makellosem Silber, in das das Wappen seiner Linie eingraviert war. Er betrachtete es einen Moment lang, als würde er über dessen Handelswert nachdenken.
"Ich könnte Euch jetzt natürlich durch meinen Willen zwingen, Euch zu setzen. Oder Euch durch meine Ghule zur Vernunft bringen lassen." Er wog den Ring in seiner Hand. "Aber das wäre... unelegant. Und ein schlechtes Geschäft für uns beide." Seine Finger schlossen sich um den Ring, verbargen ihn in seiner Faust. "Eure Unkenntnis unserer Traditionen mag ich Euch verzeihen. Eure Arroganz... nun, das ist eine Frage des Preises, den Ihr zu zahlen bereit seid."

Nun hob der graubärtige Mann den Kopf und lächelte in bester Kaufmannsmanier. "Stattdessen biete ich Euch einen Handel an: Ich schenke Euch fünf Schritte, um Eure Position neu zu bewerten. Um zu entscheiden, ob Ihr lieber als potenzieller Geschäftspartner" der Kaufmann wies mit der rechten Hand in Richtung Tisch" oder als abschreckendes Beispiel in die Annalen dieser Stadt eingehen wollt. "nur kurz zeigte er nun in Richtung der Tür, neigte leicht den Kopf, ohne seine Augen von Alexander abzuwenden. "Eure Zeit läuft, junger Herr. Ich rate Euch, sie klug zu nutzen."